1 Allgemeines
Rz. 1
§ 23 KSchG bestimmt – vorbehaltlich der Sondertatbestände der §§ 24 und 25 KSchG – den betrieblichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzrechts. Durch die Regelungen werden Kleinbetriebe privilegiert, für die nur ein abgeschwächter Kündigungsschutz nach den zivilrechtlichen Generalklauseln gilt. Neben dem betrieblichen muss auch der persönliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzrechts – geregelt in den §§ 1 Abs. 1; 14 und 17 Abs. 3 KSchG – eröffnet sein. Zudem wird in § 1 Abs. 2–4 und den §§ 2, 13, 17 Abs. 2, 25 KSchG festgelegt, welche Kündigungshandlungen des Arbeitgebers sachlich erfasst werden. Dabei wird ebenfalls zwischen den einzelnen Abschnitten des Kündigungsschutzgesetzes differenziert.
2 Betriebsbegriff
Rz. 2
Betriebe und Verwaltungen stellen die kleinste eigenständige Einheit eines Unternehmens, Konzerns oder Verwaltungsapparats dar. Im Anwendungsbereich des § 23 KSchG dürfen die Begriffe Unternehmen und Betrieb damit keinesfalls synonym verstanden werden. § 23 KSchG knüpft an die Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer an. Der Bestimmung der Arbeitnehmerzahl ist die Feststellung vorgelagert, welche Teile eines Unternehmens oder einer Verwaltung in einem Betrieb oder einer Verwaltungseinheit zusammengefasst sind.
2.1 Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts
Rz. 3
Das KSchG enthält keine eigenständige Definition des in § 23 KSchG verwendeten Betriebsbegriffs.
Grds. gleicht das Verständnis des KSchG von einem privatrechtlichen Betrieb aber dem des § 4 BetrVG
Nach dem in Rechtsprechung und Rechtslehre entwickelten Betriebsbegriff versteht man unter einem Betrieb des privaten Rechts eine selbstständige organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber alleine oder zusammen mit seinen Arbeitnehmern durch Einsatz sachlicher oder immaterieller Arbeitsmittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung des Eigenbedarfs erschöpfen. Von vornherein ausgeschlossen sind damit private Haushalte, die Bedienstete beschäftigen.).
Rz. 4
Da mit und in einem Betrieb mehrere arbeitstechnische Zwecke verfolgt werden können, ist in erster Linie auf die Einheit der Organisation, nicht auf die Einheit der arbeitstechnischen Zweckbestimmung abzustellen.
Erforderlich ist ein Leitungsapparat, um insbesondere in personellen und sozialen Angelegenheiten wesentliche Entscheidungen selbstständig treffen zu können. Hauptkriterium für die Selbstständigkeit einer solchen Betriebseinheit ist, ob der Arbeitgeber seinen Einfluss zentral oder dezentral ausübt. Jedenfalls liegt diese vor, wenn jede Einheit selbstständig über Personalfragen entscheiden kann. So hat das BAG z. B. entschieden, dass im Fall mehrerer, zwar jeweils nur mit 5 oder weniger Angestellten besetzten, aber einheitlich und zentral gelenkten Zweigstellen nicht schon jede einzelne Zweigstelle, sondern erst die Gesamtheit aller Filialen zusammen mit der zentralen Verwaltungsstelle einen "Betrieb" i. S. d. Kündigungsschutzgesetzes darstellt.
Demgegenüber liegt nur ein unselbstständiger Betriebsteil vor, wenn dieser zwar über einen eigenen Arbeitnehmerstamm, eigene technische Hilfsmittel und eine durch die räumliche und funktionelle Abgrenzung vom Hauptbetrieb bedingte relative Selbstständigkeit, aber über keinen eigenständigen Leitungsapparat verfügt. Solche Betriebsteile sind dem Hauptbetrieb zuzuordnen.
Rz. 5
Umgekehrt richtet sich die eigenständige Betriebsfähigkeit der Unternehmensleitung nach denselben Kriterien. Verwaltet sie lediglich mehrere Produktionsstätten, ist eine Selbstständigkeit nach skizzierter Rechtsprechung zu verneinen. Ist die Leitung der Produktionsstätten dagegen nicht auf die Hauptverwaltung beschränkt, sondern trifft diese im Wesentlichen planerische, unternehmensbezogene Entscheidungen, während die Entscheidungen in personellen und sozialen Angelegenheiten im Wesentlichen der Leitung der Produktionsstätten überlassen sind, so ist auch bei räumlicher Einheit von 2 getrennten Betrieben auszugehen.
Rz. 6
Aus diesem Grund ist bei Konzernen eine Selbstständigkeit der Holding i. d. R. zu bejahen. Dort bemisst sich die Anzahl der Arbeitnehmer einer Konzernholdinggesellschaft allein nach der Anzahl der in der Konzernobergesellschaft Beschäftigten. Einen "Berechnungsdurchgriff" zur Tochtergesellschaft hat die Rechtsprechung daher richtigerweise grds. abgelehnt. Allgemein gilt: Das Kündigungsschutzrecht ist nicht konzernbezogen. Eine Einbeziehung der Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft ist danach nur noch möglich, wenn die Holding über die normale Konzernverwaltung hinaus mit einer Tochtergesellschaft einen gemeinsamen Betrieb führt. Ein solcher ist nicht bereits dadurch gegeben, dass die Holding aufgrund ihrer konzernrechtlichen Leitungsmacht gegenüber dem Vorstand der Tochter-AG anordnet, die Tochter solle bestimmte Arbeiten (z. B. Schreibarbeiten) für die Holding miterledigen.
Rz. 7
Ferner können mehrere rechtlich selbstständige Unternehmen einen gemein...