1 Allgemeines
Rz. 1
§ 24 KSchG wurde mit dem Gesetz zur Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 der IAO v. 20.4.2013 novelliert. Gestrichen wurden die obsolet gewordenen Regelungen für Kapitäne und leitende Angestellte in § 24 Abs. 4 und 5 KSchG a. F. Geändert wurde die Wartefristverlängerung nach § 24 Abs. 3 KSchG (Abs. 2 in der a. F.) sowie die Vorschrift des § 24 Abs. 4 KSchG (bzw. Abs. 3 a. F.) zur Modifikation der Klagefrist des § 4 KSchG. Eine weitere Änderung erfuhr § 24 zum 10.10.2017 durch Art. 4 des EM-Leistungsverbesserungsgesetzes. Nach Maßgabe des neu eingeführten Abs. 5 gilt der 3. Abschnitt des KSchG nun auch für die Besatzung von Seeschiffen. Zuletzt geändert wurde § 24 zum 26.12.2020 durch Art. 2 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Seearbeitsgesetzes und anderer Gesetze mit Ergänzungen zur Klagefrist in Abs. 4.
2 Funktion und Systematik
Rz. 2
§ 24 KSchG regelt die Anwendbarkeit des KSchG auf Arbeitsverhältnisse der Besatzung von Seeschiffen, Binnenschiffen und Luftfahrzeugen. Nach § 24 Abs. 1 KSchG finden die Vorschriften des 1. und 2. Abschnitts des KSchG grds. auch auf diese Arbeitsverhältnisse Anwendung, sofern nicht die Sonderregeln der Abs. 2–4 greifen. Die Vorschrift sichert also den Schutz der Besatzungsmitglieder und trägt gleichzeitig den Besonderheiten der Luftverkehrs- und Schifffahrtsbetriebe Rechnung.
Ergänzt wird das allgemeine Kündigungsschutzrecht durch die Vorschriften des Seearbeitsgesetzes (SeeArbG), die als leges speciales dem KSchG vorgehen.
Abs. 5 regelt die Anwendbarkeit des 3. Abschnitts auf Seeschiffe und ihre Besatzungen.
Für das Bodenpersonal eines Luftfahrzeugunternehmens und das Landpersonal eines Schifffahrtsunternehmens trifft § 24 KSchG keine Regelung, es gelten also die allgemeinen Vorschriften.
3 Betriebsbegriff (Abs. 2)
Rz. 3
Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 KSchG stellt die Gesamtheit aller See- oder Binnenschiffe eines Schifffahrtsbetriebs oder der Luftfahrzeuge eines Luftverkehrsbetriebs abweichend vom Betriebsbegriff des § 23 KSchG einen einzigen Betrieb dar.
Die Vorschrift fingiert damit einen Betrieb, ohne dass es darauf ankommt, ob die einzelnen Schiffe oder Luftfahrzeuge tatsächlich in arbeitstechnischer oder organisatorischer Hinsicht eine Einheit darstellen.
Ferner kommt es bei der Qualifikation eines Betriebes als Luftverkehrsbetrieb i. S. d. § 24 Abs. 2 Satz 1 KSchG nicht auf die Organisation des Betriebes, d. h. die Leitung oder weitergehende Organisationsstrukturen, im Inland an. Der Betriebsbegriff des § 24 Abs. 2 KSchG erfordert als Anknüpfungspunkt eine Belegenheit der dort genannten Luftfahrzeuge im Inland; maßgeblich ist deren Stationierung an inländischen Flughäfen. Nicht allein abzustellen ist dabei auf einen einzelnen Standort (bspw. Flughafen Düsseldorf), sondern auf alle in Deutschland stationierten Flugzeuge. Für die Stationierung im Inland bedarf es keiner inländischen Registrierung der Luftfahrzeuge, sondern es genügt, wenn eine bestimmte Anzahl von Flugzeugen mit der Besatzung ("Flugzeugkontingent") einem bestimmten inländischen Flughafen fest zugeordnet ist. Auf einzelne konkrete Flugzeuge kommt es daher nicht an, sondern auf die feste Zuordnung eines Kontingents.
Dagegen kann zur Bestimmung des betrieblichen Geltungsbereichs nicht ausschließlich auf das Vertragsstatut des fliegenden Personals abgestellt werden. Nichts anderes kann für Schifffahrtsbetriebe gelten. Auf die Beflaggung kommt es nur im Rahmen von Abs. 5 KSchG an.
Eigenständigkeit besitzen demgegenüber grds. Bodenbetriebe und Landbetriebe, die der Vorschrift des § 24 Abs. 2 Satz 1 KSchG nicht unterliegen.
4 Verlängerte Wartefrist (Abs. 3)
Rz. 4
§ 24 Abs. 3 KSchG verlängert die 6-monatige Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG um den Ablauf des 3. Tags nach Beendigung einer Reise, wenn die 1. Reise eines Besatzungsmitglieds ei...