Rz. 32
Nach § 42 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist die Betriebsversammlung "nicht öffentlich". Sie besteht nach Satz 1 aus den Arbeitnehmern des Betriebs. Das Gesetz gestattet indessen ausdrücklich auch die Teilnahme anderer Personen an der Betriebsversammlung; dabei werden genannt der Arbeitgeber, Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Beauftragte der Arbeitgebervereinigung, der der Arbeitgeber angehört.
Rz. 33
Die Nichtöffentlichkeit wurde normiert, um betriebsfremde, insbesondere politische Einflüsse auszuschalten. Dementsprechend wird die Vorschrift über die Nichtöffentlichkeit allgemein dahingehend ausgelegt, dass dadurch der innerbetriebliche Charakter der Betriebsversammlung betont werde, auf der die Arbeitnehmer den Gedankenaustausch mit dem Betriebsrat pflegen und sich über die sie unmittelbar interessierenden Fragen informieren sollen. Die Aussprache über derartige Angelegenheiten soll grundsätzlich nicht unter Teilnahme einer breiteren Öffentlichkeit, sondern nur innerhalb des unmittelbar von ihnen betroffenen Personenkreises stattfinden. Es sollen insbesondere unsachliche Auseinandersetzungen, unter Umständen provoziert durch Betriebsfremde, vermieden werden.
Rz. 34
Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit schließt es aber nicht aus, dass aus sachlichen Gründen auch Sachverständige oder andere Personen an der Betriebsversammlung teilnehmen. Denn die beschriebene Gefahr besteht nicht, wenn der Betriebsrat aus gegebenem Anlass Personen die Teilnahme gestattet, die zwar nicht zu den Arbeitnehmern des konkreten Betriebs gehören, aber doch zu diesen Arbeitnehmern kraft ihrer besonderen Funktion eine enge sachliche Verbindung haben, z. B. für Mitglieder des Gesamtbetriebsrats, des Wirtschaftsausschusses, von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat oder auch von leitenden Angestellten. Dasselbe gilt auch für die Einladung Außenstehender, Sachverständiger oder Gäste, die an sich keine nähere funktionelle Beziehung zu dem Betrieb haben, aber auf Einladung und unter Verantwortung des Betriebsrats in der Betriebsversammlung über ein nach § 45 BetrVG zulässiges Thema ein Kurzreferat halten sollen. Hierzu bedarf es keines Einverständnisses des Arbeitgebers. Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Betriebsversammlung gebietet es nicht, die Teilnahme solcher Personen auszuschließen, deren Anwesenheit im Rahmen der Zuständigkeit der Betriebsversammlung sachdienlich ist; denn der innerbetriebliche Charakter der Betriebsversammlung wird dadurch nicht infrage gestellt. Dies gilt umso mehr, als solche Personen den Betriebsrat in der Erfüllung seiner Aufgaben gegenüber der Betriebsversammlung unterstützen sollen.
Betriebsfremde Personen können vom Betriebsrat zur Betriebsversammlung eingeladen werden, wenn deren Mitwirkung dem Zweck der Betriebsversammlung dienlich ist. Dies kann v. a. bei Sachverständigen oder Referenten der Fall sein.
Rz. 35
Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verbietet grundsätzlich Ton- und/oder Bildaufnahmen von und aus der Betriebsversammlung. Sie sind aber zulässig, wenn der Versammlungsleiter und alle Teilnehmer einverstanden sind. Existieren auf rechtmäßige Weise zustande gekommene elektronische Aufzeichnungen von der Betriebsversammlung, so hat der Arbeitgeber grundsätzlich das Recht, diese einzusehen, wenn er selbst an der Versammlung teilgenommen hat.
Rz. 36
Presse, Funk, Film und Fernsehen sind zur Betriebsversammlung nicht zugelassen. Dies gilt selbst dann, wenn alle Beteiligten, d. h. der Betriebsrat, die Belegschaft und der Arbeitgeber mit der Zulassung einverstanden sind.
Wird außenstehenden Personen in größerer Zahl Zutritt zur Versammlung gewährt, so handelt es sich nicht mehr um eine Betriebsversammlung i. S. v. §§ 42 ff.BetrVG.
Ist für die Arbeitnehmer offensichtlich erkennbar, dass die Betriebsversammlung öffentlich stattfindet, z. B. weil trotz Beanstandung des Arbeitgebers Vertreter der Presse anwesend sind, so können sie ihre Vergütungsansprüche nach § 44 BetrVG für die Zeit der Teilnahme verlieren.
Rz. 37
Aus dem Grundsatz der Nicht-Öffentlichkeit folgt keine generelle Pflicht der Arbeitnehmer zur Geheimhaltung des in der Betriebsversammlung Besprochenen. Es ist daher grundsätzlich zulässig, nachträglich die Presse über die verhandelten Inhalte zu informieren. Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn Themen ausdrücklich als geheimbehaltungsbedürftig bezeichnet werden.