2.1 Schwerbehinderte Menschen
Rz. 2
Anspruchsberechtigt sind schwerbehinderte Menschen i. S. v. § 2 Abs. 2 SGB IX, d. h. Personen, deren Grad der Behinderung (GdB) mindestens 50 beträgt. Ob die jeweilige Person auf einem Arbeitsplatz i. S. v. § 156 SGB IX beschäftigt wird und ob die Einstellung im Rahmen der Pflichtquote oder darüber hinaus erfolgte, ist gleichgültig. Entscheidend ist die objektive Schwerbehinderung. Insoweit spielt es keine Rolle, ob der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung wusste oder ob die Pflichtzahl bei der Einstellung von Schwerbehinderten schon erfüllt ist.
Eine förmliche Anerkennung ist dabei nicht erforderlich, der Anspruch entsteht kraft Gesetzes. D. h. auf die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft durch die zuständige Behörde kommt es für den Anspruch nicht an. Der Feststellungsbescheid (§ 152 SGB IX) hat lediglich deklaratorische Bedeutung. Dabei ist § 208 SGB IX keine spezifisch arbeitsrechtliche Vorschrift. Anspruch auf den gesetzlichen Zusatzurlaub haben deshalb alle schwerbehinderten Menschen, die als Beschäftigte Anspruch auf Erholungsurlaub haben. Erfasst werden mithin nicht nur schwerbehinderte Arbeitnehmer, sondern auch die schwerbehinderten Menschen, die in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen, z. B. Beamte, Soldaten oder Richter oder schwerbehinderte Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen und schwerbehinderte Auszubildende. Anspruchsberechtigt sind auch schwerbehinderte arbeitnehmerähnliche Selbstständige, denn diese haben nach § 2 BUrlG auch Anspruch auf den gesetzlichen (Mindest-)Urlaub.
Ein-Euro-Jobber (§ 16d SGB II), denen "Arbeitsgelegenheiten" zugewiesen sind, haben lediglich Anspruch auf unbezahlte Freistellung. Zwischen ihnen und dem Betriebsinhaber besteht kein Arbeitsverhältnis (§ 16d Abs. 7 Satz 2 SGB II). Das BUrlG ist auf sie zwar anwendbar, die Regelungen über das Urlaubsentgelt sind aber ausdrücklich ausgenommen (§ 16d Abs. 7 Satz 2 2. Halbsatz SGB II).
2.2 Gleichgestellte
Rz. 3
Nach § 2 Abs. 3 SGB IX sollen Menschen mit Behinderung mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, den schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden. Vorausgesetzt, sie können infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten (gleichgestellte behinderte Menschen). Für gleichgestellte behinderte Menschen gelten die Vorschriften über den Zusatzurlaub nicht. Die Verweisungsvorschrift des § 151 Abs. 3 SGB IX nimmt § 208 SGB IX ausdrücklich aus. Gleichgestellte haben also keinen gesetzlichen Anspruch auf den Zusatzurlaub.
2.3 Geltendmachung des Anspruchs
Rz. 4
Auch wenn der Anspruch beim Vorliegen einer objektiven Schwerbehinderung bereits gegeben ist, so muss der Anspruch auf Zusatzurlaub dennoch gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücklich geltend gemacht werden und zwar während des Urlaubsjahres oder bei Vorliegen der tarifvertraglichen oder gesetzlichen Übertragungsvoraussetzungen bis zum Ende des Übertragungszeitraums. Ansonsten geht er mit Ablauf des Urlaubsjahres bzw. mit Ablauf des Übertragungszeitraums unter. Beruft sich der Arbeitnehmer daher erst in einem späteren Urlaubsjahr auf seine Schwerbehinderung und ihm noch aus der Vergangenheit zustehenden Zusatzurlaub, muss der Arbeitgeber diesen Urlaub nicht mehr gewähren.
Auf die Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch durch die zuständige Behörde und insbesondere den Zeitpunkt dieser Feststellung kommt es nicht an. Der Bescheid nach § 152 SGB IX hat lediglich deklaratorische Wirkung. Dies bedeutet, dass der Zusatzurlaub vom Arbeitnehmer auch dann in der im Gesetz oder Tarifvertrag vorgesehenen Weise geltend gemacht werden muss, wenn die Schwerbehinderteneigenschaft behördlich noch nicht oder nicht rechtskräftig festgestellt ist; anderenfalls erlischt auch der Zusatzurlaub mit Ablauf des Urlaubsjahres. Eine lediglich "vorsorgliche" Geltendmachung genügt ebenso wenig wie die bloße Mitteilung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber, er habe einen Antrag auf Anerkennung seiner Schwerbehinderung gestellt. Notwendig ist, dass der Zusatzurlaub eindeutig – d. h. unter Berufung auf seine Schwerbehinderteneigenschaft – und rechtzeitig vom Arbeitgeber verlangt wird, und zwar auch dann, wenn das amtliche Anerkennungsverfahren noch läuft und der Schwerbehinderte gegenüber seinem Arbeitgeber das Bestehen der Schwerbehinderung mangels Offenkundigkeit noch gar nic...