3.1 Allgemeines
Rz. 14
Nach wie vor wird der Betriebsbegriff im BetrVG nicht legaldefiniert. Nach der Rechtsprechung und Literatur gilt folgende Definition des Betriebsbegriffs: Ein Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern, mithilfe von technischen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen (vgl. BAG, Urteil v. 14.9.1988, 7 ABR 10/87). Nach diesem Betriebsbegriff liegt ein Betrieb vor, wenn die vorhandenen materiellen Betriebsmittel für den oder für die verfolgten arbeitstechnischen Zwecke zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden, und wenn der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird.
Rz. 15
Unter den Voraussetzungen des § 4 BetrVG gelten auch Betriebsteile als selbstständige Betriebe im Sinne des BetrVG. Sie müssen hierfür entweder räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sein und die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrVG erfüllen. Die Vorschrift des § 4 BetrVG enthält auch eine Regelung über die Zuordnung von selbstständigen Betriebsteilen und Kleinstbetrieben zum Hauptbetrieb. Nach § 4 Abs. 1 S. 2 BetrVG wird es den Arbeitnehmern in selbstständigen Betriebsteilen, in denen ein Betriebsrat nicht besteht, freigestellt, ob sie einen eigenen Betriebsrat wählen oder an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilnehmen wollen. Die Zuordnungsregelung in § 4 Abs. 2 BetrVG ist nicht auf die Zuordnung von Nebenbetrieben beschränkt. Sie sieht vielmehr vor, dass auch Kleinstbetriebe mit weniger als 5 Arbeitnehmern dem Hauptbetrieb zugeordnet werden können. Dabei sind mit dem Begriff der Kleinstbetriebe die bisher erwähnten Nebenbetriebe mit umfasst.
Rz. 16
Bezüglich der Frage, wie der Betrieb abgegrenzt werden kann, kommt es entscheidend auf die Verfolgung eines einheitlichen arbeitstechnischen Zwecks, die Einheit der Entscheidungen in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten (einheitliche Leitung) sowie auf eine räumliche Einheit an, wobei letzteres nicht zwingend gegen einen einheitlichen Betrieb (vgl. § 4 BetrVG) spricht. Die Art des verfolgten Zwecks (Produktion, Vertrieb, Verwaltung, Dienstleistungen) spielt dabei keine entscheidende Rolle. Der Arbeitgeber muss auch keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen. Die Organisation muss jedoch auf gewisse Dauer angelegt sein, wobei auch Saisonbetriebe oder Kampagnebetriebe Betriebe im Sinne von § 1 BetrVG sein können, da keine Organisation auf unbestimmte Zeit Voraussetzung ist. Während der Betrieb bei Verlegung der Betriebsstätte erhalten bleibt, endet er durch Eingliederung in einen anderen Betrieb oder durch Zusammenlegung mit einem anderen Betrieb durch die Bildung eines neuen einheitlichen Betriebs.
3.2 Gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen
Rz. 17
Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG können auch mehrere Unternehmen gemeinsame Betriebe haben. Diese Regelung beinhaltet lediglich eine Klarstellung, da der Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen bereits vorher von der Rechtsprechung anerkannt war. Mit dem Gemeinschaftsbetrieb zusammenhängende Fragen wie z. B., ob die Unternehmen tatsächlich vereinbart haben oder von der Konzernspitze angewiesen worden sind, einen Betrieb gemeinsam zu führen, sind in der Praxis oft Anlass von Streitigkeiten. Entsprechende Nachweise sind vor allem von den Wahlvorständen bzw. Betriebsräten kaum zu erbringen. Hier soll eine Vermutungsregelung weiterhelfen, die an zwei unterschiedlichen Tatbeständen anknüpft.
Rz. 18
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wird die Annahme eines gemeinsamen Betriebs widerlegbar vermutet, wenn von den Unternehmen die in einer Betriebsstätte vorhandenen sachlichen und immateriellen Betriebsmittel für den oder die arbeitstechnischen Zwecke gemeinsam genutzt und die Arbeitnehmer – unabhängig davon, zu welchem der Unternehmer (Arbeitgeber) sie in einem Arbeitsverhältnis stehen – gemeinsam eingesetzt werden.
Rz. 19
§ 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG betrifft den Fall, dass im Zuge der Spaltung eines Unternehmens von einem Betrieb dieses Unternehmens ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden. Bleibt bei dieser Zuordnung die Organisation des davon betroffenen Betriebs im Wesentlichen unverändert, wird nach der Gesetzesbegründung widerlegbar vermutet, dass die an der Spaltung beteiligten Unternehmen den Betrieb als gemeinsamen Betrieb weiterführen, um auch weiterhin die arbeitstechnischen Vorteile eines langjährigen, eingespielten Betriebs zu nutzen. Diese Regelung entspricht weitgehend dem außer Kraft gesetzten § 322 Abs. 1 UmwG a. F. Der Begriff der Spaltung im Sinne dieser Vorschrift umfasst die Fälle der Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung sowohl in Form der Gesamtrechtsnachfolge als auch in Form der Einzelrechtsnachfolge.
Rz. 20
§ 1 Abs. 2 BetrVG enthält keine eigenständige Definition des gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen. Greifen...