Rz. 150
Sofern eine Einigung über den Interessenausgleich zustande kommt, ist diese schriftlich niederzulegen und von den Betriebsparteien ebenso wie vom Vorsitzenden der Einigungsstelle zu unterschreiben (§ 112 Abs. 3 Satz 3 BetrVG). Die Einigungsstelle ist nicht verpflichtet, eine schriftliche Begründung zu verfassen (BAG, Beschluss v. 30.10.1979, 1 ABR 112/77).
Rz. 151
Im Verfahren vor der Einigungsstelle reicht aus, wenn der Betriebsratsvorsitzende im Rahmen der vom Betriebsrat gefassten Beschlüsse handelt (BAG, Urteil v. 24.2.2000, 8 AZR 180/99). Gleichwohl sollte die Sitzung vor Unterzeichnung des Interessenausgleichs unterbrochen wird, um eine Beschlussfassung des Betriebsrats mit den in der Sitzung nicht anwesenden Betriebsratsmitgliedern herbeizuführen.
Handelt der Vorsitzende ohne entsprechenden Beschluss des Betriebsrats, ist kein Interessenausgleich (und ggf. auch keine wirksame Namensliste nach § 1 Abs. 5 KSchG) zustande gekommen – mit der Folge, dass die Arbeitnehmer ggf. Ansprüche auf Nachteilsausgleich geltend machen können. Daher ist es auch im Interesse des Arbeitgebers, darauf zu achten, dass der Betriebsratsvorsitzende nur im Rahmen eines bereits gefassten oder ggf. noch nachzuholenden (wirksamen) Betriebsratsbeschlusses unterzeichnet.
Rz. 152
Kommt eine gütliche Einigung vor der Einigungsstelle nicht zustande, ist die Arbeit der Einigungsstelle hinsichtlich eines Interessenausgleichs beendet. Eine Zwangsschlichtung kommt – anders als beim Sozialplan – nicht in Betracht. Ein Spruch der Einigungsstelle, der im Übrigen ohnehin nicht verbindlich wäre, ist unzulässig. Der Vorsitzende hat lediglich festzustellen, dass der Versuch eines Interessenausgleichs gescheitert ist. Es ist dann ausschließlich Sache des Arbeitgebers, in eigener Verantwortung zu entscheiden, ob, in welchem Umfang und in welcher Form er die geplante Betriebsänderung durchführt. Der Arbeitgeber kann mithin nach einem gescheiterten Einigungsversuch über den Interessenausgleich auch ohne Zustimmung des Betriebsrats mit der Betriebsänderung beginnen und, sofern Kündigungen erforderlich sind, diese unter Beachtung der Mitwirkungsrechte nach § 102 BetrVG aussprechen (so BAG, Urteil v. 27.3.1984, 1 AZR 210/83). Dies gilt auch vor Einleitung der Verhandlungen über die Aufstellung eines Sozialplans – selbst wenn dessen Aufstellung grundsätzlich vor Beginn der Betriebsänderung angestrebt werden sollte.
Rz. 153
Es kommt vor, dass zwischen den Parteien streitig ist, ob eine geplante Maßnahme überhaupt eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG darstellt. Im Rahmen eines Verfahrens vor der Einigungsstelle kann die Frage zwar als Vorfrage mitentschieden werden, allerdings ist diese Entscheidung, weil sie eine rechtliche Vorfrage ist, nicht verbindlich. Die verbindliche Entscheidung ist vielmehr einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren vorbehalten. Sofern ein solches Beschlussverfahren anhängig ist oder eingeleitet wird, kann es sinnvoll sein, bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts ein zwischenzeitlich eingeleitetes Einigungsstellenverfahren auszusetzen (so LAG Düsseldorf, Beschluss v. 28.1.1977, 17 TaBV 90/76); dies setzt allerdings voraus, dass der Arbeitgeber dadurch mit der Betriebsänderung nicht in Zeitnot gerät. Ansonsten kann der Arbeitgeber den Spruch der Einigungsstelle, mit dem ein Sozialplan aufgestellt wurde, mit dieser Begründung anfechten.