1 Vorbemerkung
Die Bedeutung von § 29 BetrVG liegt – auch für den Arbeitgeber – vor allem in seinem Absatz 2. Er stellt Bedingungen auf, die vom Betriebsrat zwingend einzuhalten sind, damit sein Beschluss nicht unwirksam ist. Die mögliche Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses ist keineswegs nur ein Problem des Betriebsrats oder der Arbeitnehmer, sondern auch des Arbeitgebers, wenn es sich um Beschlüsse handelt, die auch dem Arbeitgeber Rechte einräumen oder Vorteile bringen wie beispielsweise der Abschluss von Betriebsvereinbarungen. Dies gilt umso mehr, als die Frage eines Schutzes des Vertrauens des Arbeitgebers in die Wirksamkeit des Betriebsratsbeschlusses in der Rechtsprechung und Fachliteratur nicht geklärt ist und sich der Arbeitgeber hierauf nicht verlassen kann. Zu den Einzelheiten zum Schutz des Vertrauens in einen wirksamen Beschluss siehe § 26 BetrVG.
Bis zum 30.6.2021 sind die Sonderregelungen für Betriebsratssitzungen wegen der COVID-19-Pandemie nach § 129 BetrVG zu beachten (s. die Kommentierung zu § 129 BetrVG), danach sind Beschlussfassungen in Betriebsratssitzungen, die als Telefon- oder Videokonferenz stattfinden, unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
2 Die konstituierende Sitzung
Rz. 1
Die konstituierende Sitzung des Betriebsrats, die der Wahl des Vorsitzenden und des Stellvertreters sowie ggf. des Betriebsausschusses dient, beruft nach § 29 Abs. 1 BetrVG der Wahlvorstand, vertreten durch seinen Vorsitzenden ein. Wegen der Einzelheiten der Wahl des Vorsitzenden. Ist der Vorsitzende gewählt, übernimmt dieser die Sitzungsleitung.
Weitere Beschlüsse, insbesondere die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder und die Wahl der Mitglieder des Betriebsausschusses, können nur unter der Voraussetzung, dass alle eingeladenen Betriebsratsmitglieder erschienen sind und einstimmig die Erweiterung der Tagesordnung beschließen, gefasst werden.
3 Die weiteren Sitzungen des Betriebsrats
Rz. 2
Die Einberufung der weiteren Sitzungen des Betriebsrats regelt § 29 Abs. 2 bis 4 BetrVG, und zwar sowohl hinsichtlich des Verfahrens der Einberufung als auch teilweise hinsichtlich der Teilnahmeberechtigung an der Sitzung. Die Vorschrift ist von großer praktischer Bedeutung, weil Verstöße hiergegen zur Unwirksamkeit des Betriebsratsbeschlusses führen können. Sie ist damit auch für den Arbeitgeber von erheblicher Wichtigkeit, denn immer dann, wenn sich ein Betriebsratsbeschluss als unwirksam erweist, stellt sich die Frage, ob darauf beruhende Maßnahmen des Arbeitgebers ebenfalls damit ihre Grundlage verlieren.
§ 29 Abs. 2 BetrVG regelt dabei nicht alleine die Voraussetzungen für einen wirksamen Betriebsratsbeschluss; daneben ist auch § 33 BetrVG als Vorschrift über die eigentliche Beschlussfassung von ebenso großer praktischer Bedeutung.
3.1 Zeitpunkt und Häufigkeit der weiteren Sitzungen
Rz. 3
Die weiteren Sitzungen ruft der Betriebsratsvorsitzende nach § 29 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ein. Dabei hat er die Häufigkeit der Sitzungen nach pflichtgemäßem Ermessen festzulegen; sie richtet sich insbesondere nach dem Umfang der zu erledigenden Aufgaben. Auch den Zeitpunkt hat er nach pflichtgemäßem Ermessen festzulegen. Dabei ist § 30 BetrVG zu beachten. Grundsätzlich ist der Zeitpunkt so zu wählen, dass möglichst viele Betriebsratsmitglieder in ihrer regelmäßigen Arbeitszeit hieran teilnehmen können.
Nach § 29 Abs. 3 BetrVG ist der Vorsitzende verpflichtet, zum nächstmöglichen Termin eine Sitzung einzuberufen, wenn dies ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats oder der Arbeitgeber beantragt. Dieser Antrag ist formlos möglich und an den Vorsitzenden zu richten, setzt aber voraus, dass dabei die Behandlung eines konkreten Tagesordnungspunkts verlangt wird, den der Vorsitzende bei Einberufung der Sitzung auf die Tagesordnung zu setzen hat. Beruft er keine Sitzung ein oder nimmt er den beantragten Tagesordnungspunkt nicht auf, verstößt er gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten.
3.2 Die Festlegung der Tagesordnung
Rz. 4
Auch die Tagesordnung wird vom Vorsitzenden nach pflichtgemäßem Ermessen festgelegt; sofern nicht § 29 Abs. 3 BetrVG eingreift, hat er in jedem Fall die Tagesordnungspunkte festzusetzen, deren Behandlung besonders dringlich ist, z. B. wegen laufender Fristen. Neben Arbeitgeber und einem Viertel der Mitglieder des Betriebsrats kann auch die Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 4 Satz 1 SGB IX verlangen, eine Angelegenheit, die die Schwerbehinderten oder einzelne von ihnen besonders betrifft, auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen. Die Einberufung einer Sitzung kann die Schwerbehindertenvertretung hingegen nicht verlangen.
3.3 Die Einladung zur Sitzung
3.3.1 Praktische Bedeutung
Rz. 5
Der Vorsitzende – im Verhinderungsfall sein Stellvertreter – hat die Mitglieder des Betriebsrats nach § 29 A...