8.1 Rechtsnatur des Anspruchs
Rz. 76
Nach Abs. 7 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen, bei Erstmitgliedern sogar für insgesamt vier Wochen, um an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen teilzunehmen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Damit gibt das Gesetz den Betriebsratsmitgliedern einen individuellen Anspruch auf durch das Betriebsratsamt bestimmten Bildungsurlaub, der neben dem Anspruch auf Arbeitsbefreiung nach Abs. 6 zur Teilnahme an für die Betriebsratsarbeit notwendigen Schulungs- und Bildungsveranstaltungen steht.
Rz. 77
Den Anspruch hat jedes Betriebsratmitglied; es handelt sich um einen individualrechtlichen Anspruch, der seine Rechtsgrundlage nicht im Arbeitsverhältnis, sondern im Betriebsratsamt hat. Er richtet sich gegen den Arbeitgeber auf Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts, setzt aber die zeitliche Festlegung durch den Betriebsrat voraus (vgl. Abs. 7 Satz 3 i. V. m. Abs. 6 Sätze 3 bis 6).
8.2 Geeignete Schulungs- und Bildungsveranstaltungen
Rz. 78
Die Themen der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen müssen einen Bezug zur Betriebsratstätigkeit im Rahmen des Betriebsverfassungsrechts aufweisen. Aufgabe einer Schulung nach Abs. 7 ist daher nicht, den Rückstand der Betriebsräte im Allgemeinwissen abzubauen, sodass eine Beziehung zur Betriebsratstätigkeit fehlen kann.
Rz. 79
Für die Geeignetheit kann, da über sie die zuständige oberste Arbeitsbehörde entscheidet, keine Rolle spielen, ob Kenntnisse vermittelt werden, die für die Arbeit eines konkreten Betriebsrats erforderlich sind, sondern entscheidend kann nur sein, dass die vermittelten Kenntnisse für die Betriebsratstätigkeit nützlich sind, ohne dass es darauf ankommt, dass die Kenntnisse für die konkrete Arbeit des Betriebsrats im konkreten Betrieb auch benötigt werden. Die vermittelten Kenntnisse müssen zwar nicht zum notwendigen Rüstzeug eines Betriebsratsmitglieds zählen; sie müssen aber "nach Zielsetzung und Inhalt darauf angelegt sein, für eine sach- und fachgerechte Ausübung der im geltenden Recht vorgesehenen Betriebsratstätigkeit zu sorgen".
Geeignet sind vor allem Schulungen, die der Vermittlung betriebsverfassungsrechtlicher Grundlagenkenntnisse dienen. Außerdem sind in jedem Fall als geeignet Lehrveranstaltungen anzuerkennen, die sich mit Themen aus den folgenden Sachgebieten befassen: Arbeitsrecht, allgemeines Sozialrecht, wirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Fragen, Arbeitswissenschaft, Personalplanung, Arbeitsbewertung, Versammlungspraxis und Versammlungsleitung, betrieblicher Umweltschutz.
8.3 Anspruch auf bezahlte Freistellung
Rz. 80
Den Anspruch auf Freistellung nach Abs. 7 haben nur die Mitglieder des Betriebsrats und nach § 65 Abs. 1 BetrVG auch die Jugend- und Auszubildendenvertreter, nicht dagegen andere Arbeitnehmer, auch soweit sie ein betriebsverfassungsrechtliches Amt übernehmen, z. B. Mitglieder des Wahlvorstands. Keinen Anspruch haben ferner Ersatzmitglieder, solange sie nicht endgültig nachgerückt sind.
Rz. 81
Der Anspruch besteht nur, solange das Betriebsratsmitglied noch im Amt ist. Er erlischt, wenn die Amtszeit des Betriebsrats beendet oder das Mitglied aus dem Betriebsrat ausgeschieden ist. Der Bildungsurlaub kann für die Teilnahme an mehreren Schulungs- und Bildungsveranstaltungen verlangt werden, sofern die Freistellung insgesamt nicht die Dauer von drei bzw. vier Wochen überschreitet. Er kann also zusammenhängend, aber auch geteilt genommen werden. Der Anspruch auf Freistellung gemäß Abs. 7 besteht "unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6", d. h. eine Freistellung nach Abs. 6 wird auf die Dauer des Bildungsurlaubs nicht angerechnet.
8.4 Festlegung der zeitlichen Lage
Rz. 82
Wie im Rahmen von Abs. 6 ist der Betriebsrat auch hier bei den Anspruchsvoraussetzungen insoweit beteiligt, als er die zeitliche Lage der Teilnahme festzulegen hat (Abs. 7 Satz 3 i. V. m. Abs. 6 Satz 3). Dabei hat er die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Im Gegensatz zu Abs. 6 hat hier aber jedes Betriebsratsmitglied den zeitlich begrenzten Freistellungsanspruch zur Teilnahme an einer als geeignet anerkannten Schulung. Die Kompetenz des Betriebsrats in Abs. 7 beschränkt sich ausschließlich auf die Prüfung, ob der Teilnahme betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, wobei als Vorfrage zu beantworten ist, ob es sich um eine Schulungs- und Bildungsveransta...