Rz. 16
Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach seiner Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen (Abs. 2 Satz 4). Die Frist ist eine Ausschlussfrist; sie berechnet sich nach den §§ 187 ff. BGB. Der Gesetzestext lässt offen, unter welchen Voraussetzungen eine Freistellung sachlich nicht vertretbar ist. Aus dem gesetzessystematischen Zusammenhang ergibt sich aber, dass es nur um die personelle Auswahl geht (ebenso bereits BAG, Beschluss v. 9.10.1973, 1 ABR 29/73). Die Bedenken können sich dagegen richten, dass bei ihr die betrieblichen Notwendigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
Rz. 17
Soweit die Einigungsstelle im verbindlichen Einigungsverfahren angerufen wird, kann sie nur über die Auswahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder entscheiden. Auch im Rahmen der ihr zustehenden Vorfragenkompetenz darf sie keine Entscheidung darüber treffen, ob der Betriebsrat die Mindestzahl der Freistellungen nach der Freistellungsstaffel richtig bestimmt hat oder ob er die zusätzliche Freistellung weiterer Betriebsratsmitglieder verlangen kann; denn erhebt der Arbeitgeber insoweit keinen Widerspruch, so ist für die Einigungsstelle der Umfang der Freistellungen verbindlich. Macht er aber Bedenken geltend, so ist zunächst zu prüfen, ob Arbeitgeber und Betriebsrat sich insoweit einem freiwilligen Einigungsverfahren unterwerfen. Wenn dies nicht der Fall ist, kann die Einigungsstelle auch im Rahmen der Vorfragenkompetenz keine Entscheidung über den Umfang der Freistellungen gegen den Willen des Arbeitgebers treffen.
Rz. 18
Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (Abs. 2 Satz 5). Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so kann sie sich nicht darauf beschränken, die Wahl für ungültig zu erklären, sondern sie muss selbst die Auswahlentscheidung treffen. Sie hat bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds "auch den Minderheitenschutz i. S. d. Satz 1 zu beachten" (Abs. 2 Satz 6). Die Formulierung ist dunkel; sie begrenzt nicht die Grenzen des Ermessens, sondern setzt eine Rechtsschranke, weil der sich aus den Grundsätzen der Verhältniswahl ergebende Minderheitenschutz nicht zur Disposition der Einigungsstelle steht. Dieses Kriterium hat keine absolute Priorität; es ist eine umfassende Abwägung im Einzelfall vorzunehmen. Der Spruch der Einigungsstelle unterliegt der arbeitsgerichtlichen Rechtskontrolle. Wird geltend gemacht, die Einigungsstelle habe bei der Auswahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder die Grenzen des Ermessens überschritten, so ist die Zweiwochenfrist des § 76 Abs. 5 Satz 4 zu wahren.