Rz. 51
§ 5 Abs. 4 soll nach der Intention des Gesetzgebers eine Entscheidungshilfe geben und die Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 in Grenzfällen erleichtern. Die Vorschrift gilt also nur für die Bestimmung von leitenden Angestellten, die aufgrund ihrer Wahrnehmung unternehmerischer Teilaufgaben als leitende Angestellte in Betracht kommen. Für die Frage, ob eine Einstellungsbefugnis ausreichend ist oder ein Prokurist in ausreichendem Maße unternehmerische Tätigkeiten wahrnimmt, kann die Vorschrift nicht herangezogen werden. Vielfach wird davon ausgegangen, dass sich § 5 Abs. 4 weniger an die Gerichte als vielmehr an den Wahlvorstand wendet, um diesem eine Entscheidungshilfe im Rahmen des Zuordnungsverfahrens zu geben. Da auf die Merkmale in § 5 Abs. 4 nur dann zurückgegriffen werden darf, wenn bei Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Zweifel bleiben, ist der Anwendungsbereich dieser als misslungen anzusehenden Auslegungsregel im Rahmen gerichtlicher Verfahren gering.
Auf die Merkmale des § 5 Abs. 4 darf nur zurückgegriffen werden, wenn ein eindeutiges Auslegungsergebnis nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 nicht erzielt werden konnte. § 5 Abs. 4 ersetzt auch nicht eine eindeutige Tatsachenfeststellung nach Abs. 3, sondern hat nur die Funktion, bei der rechtlichen Bewertung, die zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt hat ("ist im Zweifel, wer...") weitere Auslegungshilfen zur Verfügung zu stellen.
Auf die Höhe des Gehaltes kommt es für die Abgrenzung daher nur dann an, wenn sich nicht nach Abs. 3 klären lässt, ob die Eigenschaft als leitender Angestellte besteht.
Rz. 51a
Nach der Auslegungsregel des § 5 Abs. 4 Nr. 1 ist leitender Angestellter im Zweifel, wer aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist. Liegt eine rechtskräftige Entscheidung im Beschlussverfahren vor (§ 18a BetrVG), so ist diese so lange bindend, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht geändert haben. Maßgeblich ist eine Entscheidung im Beschlussverfahren; eine Entscheidung im Urteilsverfahren genügt nicht. Der leitende Angestellte hat allerdings aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung, die ihn dem Kreis der leitenden Angestellten zugeordnet hat, keine Besitzstandsgarantie. Ändern sich beispielsweise seine Aufgaben, kann die Funktion deshalb wieder entfallen.
Rz. 51b
Nach der Auslegungsregel des § 5 Abs. 4 Nr. 2 ist leitender Angestellter im Zweifelsfall, wer einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind. Hierfür sind maßgeblich die Organisationspläne des Unternehmens. Sind auf dieser Ebene überwiegend, d. h. mehr als 50 % leitende Angestellte vertreten, so ist das ein Indiz dafür, dass es sich auch beim konkreten Arbeitnehmer um einen leitenden Angestellten handelt. Für den Vergleich können jedoch nur solche leitenden Angestellten berücksichtigt werden, deren Status unumstritten ist.
Rz. 51c
Nach § 5 Abs. 4 Nr. 3 kann die Funktion als leitender Angestellter im Zweifelsfall auch dadurch begründet werden, dass der Arbeitnehmer ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist. Es gilt der Jahresarbeitsentgeltbegriff des § 14 SGB IV. Auch der geldwerte Vorteil für einen zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagen kann hier berücksichtigt werden. Es ist ein Vergleich vorzunehmen mit den Gehältern von Angestellten, die vergleichbare Aufgaben wahrnehmen und für die anerkannt ist, dass sie leitende Angestellte sind. Sollte es auf diesen Punkt in einem gerichtlichen Verfahren ankommen, hat der Arbeitgeber gegebenenfalls die Gehälter der leitenden Angestellten, die vergleichbar sind, offenzulegen. Ein entsprechender Informationsanspruch kommt im Falle eines Zuordnungsverfahrens auch den hieran beteiligten betriebsverfassungsrechtlichen Stellen zu (§ 18a BetrVG: auch dem Wahlvorstand für die Wahl des Betriebsrats).
Nach § 5 Abs. 4 Nr. 4 kann leitender Angestellter sein, wer ein je regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, dass das dreifache der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet (Größenordnung etwa 100.000 EUR). Diese Auslegungsregel darf jedoch nur dann angewendet werden, wenn auch nach § 5 Abs. 4 Nr. 3 immer noch kein eindeutiges Ergebnis erzielt wird. Weil Streit darüber entsteht, welche Jahresarbeitsentgelte in dem Unternehmen für leitende Angestellte üblich sind. Die Vorschrift hat daher keinen nennenswerten Anwendungsbereich.