Rz. 11
Abhängigkeit ist nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 1 AktG gegeben, wenn ein Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben kann. Die tatsächliche Ausübung ist hierfür nicht entscheidend; vielmehr genügt für das Abhängigkeitsverhältnis nach § 17 Abs. 1 AktG die Möglichkeit, einen beherrschenden Einfluss auszuüben (BAG, Beschluss v. 22.11.1995, 7 ABR 9/95). Die Einflussnahmemöglichkeit muss aber wesentliche Bereiche wie Produktion, Personalpolitik, Finanzen, Vertrieb, Forschung und Entwicklung betreffen. Nicht entscheidungserheblich ist, mit welchen konkreten Mitteln die Beherrschung ausgeübt wird. Sie kann etwa auf Eingliederung (§ 319 AktG), Beherrschungsvertrag (vgl. § 291 AktG), Stimm- oder Entsenderechten basieren. Voraussetzung für das Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses ist aus Gründen der Rechtssicherheit jedoch stets, dass die Einflussmöglichkeit gesellschaftsrechtlich vermittelt ist (BAG, Urteil v. 26.3.1984, II ZR 171/88; LAG Hessen, Beschluss v. 5.2.2004, 9 Ta BV 64/03). Es liegt im Interesse aller Betriebsparteien, zuverlässig erkennen zu können, ob ein Konzern im Sinne von § 54 Abs. 1 BetrVG vorliegt, dementsprechend ein Konzernbetriebsrat errichtet werden kann und die nach § 58 Abs. 1 BetrVG in dessen Zuständigkeit fallenden Beteiligungsrechte von ihm wahrgenommen werden können. Angesichts der Vielfalt und der raschen Veränderbarkeit vertraglicher und wirtschaftlicher Abhängigkeiten wäre eine zuverlässige Klärung dieser Fragen nicht gewährleistet, wenn man rein wirtschaftliche, gesellschaftsrechtlich nicht abgesicherte Abhängigkeiten, die allein durch externe Austauschbeziehungen (wie etwa durch Liefer-, Lizenz- oder Kreditverträge) begründet sind ausreichen ließe.
Rz. 12
§ 17 Abs. 2 AktG begründet eine widerlegliche Vermutung der Abhängigkeit, wenn ein Unternehmen im Mehrheitsbesitz eines anderen Unternehmens (gleich welcher Rechtsform) steht. Maßgeblich ist der Begriff der Mehrheitsbeteiligung i. S. d. § 16 Abs. 1 AktG. Demnach greift die Vermutung bei Kapital- und Stimmenmehrheit gleichermaßen ein. Die Regelung in § 17 Abs. 2 AktG ist zudem ihrerseits Grundlage der Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG. Nach dieser Vorschrift wird von einem abhängigen Unternehmen vermutet, dass es mit dem herrschenden Unternehmen einen Konzern bildet. Diese Vermutungswirkung kann im Einzelfall durch Widerlegung der in § 17 Abs. 2 AktG vermuteten Abhängigkeit oder des in § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG unterstellten Sachverhalts der einheitlichen Leitung entkräftet werden. Letzterer kann insbesondere durch den Nachweis von Umständen widerlegt werden, nach denen eine finanzielle Koordinierung der Gesellschaften ausgeschlossen ist. Gelingt dieser Nachweis, kommt die Errichtung eines Konzernbetriebsrats nicht in Betracht.