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Sowohl aus dem Wortlaut des § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG, als auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich eindeutig, dass das Mitbestimmungsrecht nur die Ausgestaltung der mobilen Arbeit betrifft. Die Ausgestaltung betrifft das "wie" der mobilen Arbeit, nicht aber die Frage, ob diese Möglichkeit für die Arbeitnehmer überhaupt geschaffen werden soll. Die Einführung der mobilen Arbeit ("ob") verbleibt damit in der Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers.
Unklar ist, ob der Arbeitgeber nur für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern mitbestimmungsfrei mobiles Arbeiten ermöglichen kann, oder ob nur ein "alle oder keiner" mitbestimmungsfrei ist. Richtigerweise wird man als mitbestimmungsfrei auch die Festlegung des Kreises der Arbeitnehmer, die mobil arbeiten können, nach abstrakten Grundsätzen als mitbestimmungsfrei ansehen, während die Konkretisierung der Teilnahmeberechtigung innerhalb der abstrakten Vorgaben mitbestimmungspflichtig ist.
Der Mitbestimmungstatbestand enthält keine Regelung darüber, ob der Arbeitgeber mobiles Arbeiten einseitig anordnen darf oder ob der Arbeitnehmer einen individuellen Rechtsanspruch auf die Ermöglichung von mobilem Arbeiten hat. Daher kann der Arbeitgeber auch keine Betriebsvereinbarung erzwingen, mit der eine Pflicht der Arbeitnehmer zur mobilen Arbeit vereinbart werden soll. Eine solche Betriebsvereinbarung wäre wohl als freiwillige Betriebsvereinbarung möglich. Sie unterliegt dann aber insbesondere der Billigkeitskontrolle nach § 75 BetrVG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wohnung des Arbeitnehmers verfassungsrechtlich nach Art. 13 GG geschützt ist und auch nicht durch eine Betriebsvereinbarung auf sie zu Arbeitszwecken zugegriffen werden darf. Ausnahmen können in Krisensituationen wie der Covid-19 Pandemie bestehen.
Das Mitbestimmungsrecht betrifft allein die inhaltliche Ausgestaltung der mobilen Arbeit. Es stellt einen Auffangtatbestand dar für alle Regelungen, mit denen mobile Arbeit ausgestaltet werden kann. Dazu gehören nach der Gesetzesbegründung auch Regelungen über den zeitlichen Umfang mobiler Arbeit, also die Frage, wann und wie lange Arbeitnehmer mobil arbeiten können. Davon geht jedenfalls die Gesetzesbegründung aus, sodass der Einwand, das gehöre eigentlich zum "ob" der mobilen Arbeit, wenig Aussicht auf Erfolg hat.
Weiterhin sind Regelungen über den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit in Bezug auf mobile Arbeit denkbar. Hierzu gehören insbesondere auch Regelungen bezüglich der Arbeitszeiterfassung. Denkbar ist es, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die gesamte tägliche Arbeitszeit einschließlich der Lage der Pausen zu erfassen, wie dies auch in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 14.5.2019 verlangt worden ist. Auch die Methode der Arbeitszeiterfassung ist mitbestimmungspflichtig, dies folgt allerdings bereits aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG.
Auch Regelungen über den Ort, von welchem aus mobil gearbeitet werden kann und darf umfasst das Mitbestimmungsrecht. So kann geregelt werden, ob der Arbeitnehmer nur aus seiner Wohnung heraus mobil arbeiten darf oder auch an anderen Orten. Es kann geregelt werden, ob eine mobile Arbeit innerhalb der Länder der EU zulässig ist (mobile Arbeit in Drittstaaten scheidet regelmäßig aus Datenschutzgründen aus).
Es können Regelungen zu konkreten Anwesenheitspflichten in der Betriebsstätte des Arbeitgebers, also Kernzeiten für die persönliche Anwesenheit getroffen werden oder zur Erreichbarkeit der Arbeitnehmer während des mobilen Arbeitens. Diese Regelungen unterliegen zudem der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.
Wichtig sind auch Regelungen zum Umgang mit Arbeitsmitteln der mobilen Arbeit, einschließlich der Frage der Haftung der Arbeitnehmer bei Beschädigung der Arbeitsmittel; dabei ist auch regelbar, inwieweit sich entsprechende Haftungsausschlüsse auf Familienmitglieder des Arbeitnehmers erstrecken.
Ein weiterer wichtiger regelungsbedürftiger Punkt sind einzuhaltende Sicherheitsaspekte, die insbesondere bezüglich des Datenschutzes und des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen getroffen werden müssen. Gerade das mobile Arbeiten im öffentlichen Bereich birgt die Gefahr, dass Datenschutzpannen entstehen. Diese gilt es durch entsprechende Regelungen zu verhindern. Der Arbeitgeber bleibt auch bei mobilem Arbeiten der Verantwortliche für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen im Sinne des § 4 Nr. DSGVO.
Ein weiterer regelungsbedürftiger Gesichtspunkt ist die Erstattung der den Arbeitnehmern durch das mobile Arbeiten (insbesondere von zu Hause aus) entstehenden zusätzlichen Kosten. Ob der Arbeitnehmer einen individualrechtlichen Kostenerstattungsanspruch nach § 670 BGB hat, hängt davon ab, ob er für den Arbeitgeber ein Vermögensopfer erbringt. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer gezwungen ist, mobil von zu Hause aus zu arbeiten, weil im Betrieb nicht ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Die ihm entstehenden Mehrkosten sind zu ersetzen; an...