Rz. 109

Um die Mitbestimmungsrechte auszulösen, muss die Überwachung mittels einer "technischen Einrichtung" erfolgen. Technisch ist die Einrichtung dann, wenn sie ein optisch, mechanisch, akustisch oder elektronisch funktionierendes Gerät darstellt.[1] Dabei muss die Überwachung durch die Einrichtung über das individuelle Wahrnehmungsvermögen eines kontrollierenden Menschen hinaus erweitert werden, sodass der Überwachungsvorgang vom menschlichen Wahrnehmungsvermögen mehr oder weniger abgekoppelt und unabhängig wird. Gefordert wird zudem eine eigenständige Kontrollwirkung der technischen Einrichtung.

 
Praxis-Beispiel

Beispiele:

Keine technische Einrichtung:

  • Überwachung durch Personen, etwa Vorgesetzte, Privatdetektive, Werkschutz, Revisoren etc.[2], manuelle Arbeitszeitmessung mittels Stoppuhr[3] (mangels eigenständiger Kontrollwirkung)
  • Kundenbefragung[4]
  • sonstige organisatorische Maßnahmen zur Verhaltens- und Leistungskontrolle, wie selbst erstellte Tätigkeitsberichte, Erledigungslisten, Arbeitsbücher, persönlich auszufüllende Zeitkarten, Aufzeichnung privater Telefongespräche[5], Lupe zur Begutachtung der Arbeitsqualität (mangels eigenständiger Kontrollwirkung)
  • Speicherung nicht technisch erhobener Daten auf Mikrofilm, der lediglich wieder abgelesen werden kann
  • herkömmliche Schreibgeräte, mittels deren Aufzeichnungen in Papierform getätigt werden.
  • Festsetzungsmechanismus für die Bandgeschwindigkeit (mangels eigenständiger Kontrollwirkung)
  • Warnlampen, Drehzahlmesser, Stückzahlzähler, soweit nur Daten der Maschine abgefragt werden und keine Bediener- oder Benutzerkontrolle damit verbunden ist[6]
  • elektronischer Abgleich von Kontonummern des Mitarbeiters und der Kunden des Betriebs[7]
  • internetbasierter Routenplaner zur Überprüfung einer Fahrtkostenabrechnung (google maps): es fehlt an der dafür notwendigen Leistungs- oder Verhaltenskontrolle durch eine technische Einrichtung[8]

Technische Einrichtungen:

  • Film- oder Fernsehkameras, Multimomentkameras (aber nicht Kameraattrappen)
  • Abhör- oder Tonbandaufzeichnungsgeräte
  • EDV-Anlagen mit bestimmter Software, die eine Aussage über Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer ermöglichen
  • Stechuhr, Zeitstempler
  • Erfassung von Telefongesprächen in einer EDV-Anlage
  • Fahrtenschreiber[9]
 

Rz. 110

Unerheblich ist, ob das Gerät Daten aufzeichnet oder Informationen direkt übermittelt. Überwiegend wird vertreten, dass die technische Einrichtung die Auswertung der Daten nicht vornehmen muss.[10] Unerheblich ist auch der Standort der Überwachungseinrichtung. Dabei kommt es auch nicht darauf an ob alle Arbeitnehmer des Betriebs, einzelne Betriebsabteilungen oder Arbeitnehmergruppe, ein einzelner Arbeitsplatz oder ein einzelner Arbeitnehmer von der technischen Einrichtung erfasst werden kann.[11]

[7] So Diller, BB 2009, 438, 439.
[9] BAG, Beschluss v. 10.7.1979, 1 ABR 50/78, AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972.
[10] So ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rz. 48; a. A. Goos BB 1983, 581, 583.
[11] Zur Individualisierbarkeit der erhobenen Daten, siehe Rz. 117 ff., Verhaltens- und Leistungskontrolle.

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