1.1 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Der Gesetzgeber hat das Erste Gesetz zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes v. 17.1.2009 nicht zum Anlass genommen, § 3 in seiner schon seit dem 1.1.2007 gültigen Fassung zu modifizieren. Eine gänzlich neue Struktur hat § 3 indes durch das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs v. 10.9.2012 bekommen, mit der nicht nur eine klarstellende Funktion, sondern auch Änderungen in materiell-rechtlicher Hinsicht verbunden waren. Lediglich eine durch die Einführung des Betreuungsgeldes zum 1.8.2013 bedingte redaktionelle Anpassung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 brachte das Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes – Betreuungsgeldgesetz – v. 15.2.2013 mit sich. Nach dem geänderten § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 wurde auf das Elterngeld nicht mehr nur dem Elterngeld, sondern auch dem Betreuungsgeld vergleichbare ausländische Leistungen angerechnet. Eine ebenfalls nur redaktionelle Änderung stellte die Neufassung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz v. 18.12.2014 dar. Auch das Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechtes v. 23.5.2017 änderte § 3 zum 1.1.2018 nur in redaktioneller Hinsicht. In § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ersetzte es in Buchstabe a § 13 Abs. 2 MuSchG durch § 19 Abs. 2 MuSchG und in Buchstabe b § 14 MuSchG durch § 20 MuSchG.
Das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes v. 15.2.2021 strich mit Wirkung zum 1.9.2021 in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 die Wörter "oder Betreuungsgeld" und fügte § 3 Abs. 1 Satz 4 an. Die Streichung der Wörter "oder Betreuungsgeld" erfolgte wegen des Wegfalls des Betreuungsgeldes. Satz 4 in Abs. 1 regelt die Anrechnung von Einnahmen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 für Fälle, in denen der Bezug der anzurechnenden Einnahme nach der Geburt beginnt und die Einnahme als Ersatz für ein weggefallenes Einkommen dient, das geringer ist als das Bemessungseinkommen des Elterngeldes.
1.2 Zweck und Systematik
Rz. 2
§ 3 untergliedert sich in 3 Abs., die in ihrer Intention darauf ausgerichtet sind, die doppelte Erbringung von in ihrer Zielrichtung identischen (Sozial-)Leistungen zu vermeiden. Zugunsten der Mutterschaftsleistungen wird so ein Vorrang-/Nachrangverhältnis statuiert. § 3 verfolgt damit einen Ansatz, den der Gesetzgeber bereits im Rahmen der §§ 7, 8 BErzGG in ähnlicher Weise verwirklicht hatte. Abs. 1 regelt die grundsätzlichen Vorgaben für die Anrechnung der in Nr. 1 bis 5 genannten Einnahmen auf das Elterngeld, während Abs. 2 regelt, welche Elterngeldbeträge von der Anrechnung von Einnahmen nach Abs. 1 ausgenommen werden. Abs. 3 sieht unter den dort beschriebenen Voraussetzungen ein Ruhen des Anspruchs auf Elterngeld vor.
Rz. 3
Da Elterngeld nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BEEG erst mit dem Tag der Geburt zusteht, sieht § 3 denklogisch auch erst ab diesem Zeitpunkt eine Anrechenbarkeit anderer Leistungen vor. Inwiefern Elterngeld auf andere Sozialleistungen anzurechnen ist, ist nicht in § 3, sondern in § 10 BEEG geregelt.
Kein Wegfall der Anrechnung durch Wahl der Bezugsmonate
Eine Anrechnung auf das Elterngeld kann der Anspruchsberechtigte bei Einnahmen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 nicht durch die Wahl seiner Bezugsmonate entgehen. Dem steht die Regelung des § 4 Abs. 4 Satz 3 BEEG entgegen. Danach gelten Lebensmonate des Kindes, in denen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 anzurechnende Leistungen zustehen, als Monate, für die derjenige Elterngeld bezieht, der Anspruch auf die anderen Leistungen hat.
Tatsächlich erhalten Mütter daher Basiselterngeld grds. für maximal 10 Monate, denn während der nach der Entbindung einsetzenden Schutzfrist, die i. d. R. 8 Wochen beträgt, wird Mutterschaftsgeld weiter gezahlt (vgl. § 19 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 2 MuSchG). Das Mutterschaftsgeld übersteigt regelmäßig das Elterngeld der Höhe nach.