Leitsatz
Die Beteiligten stritten um den Trennungsunterhalt. Sie hatten im April 1991 geheiratet und waren durch Urteil vom 18.7.2009 - rechtskräftig - geschieden worden.
Der Ehemann nahm die Ehefrau auf Zahlung von Trennungsunterhalt für die Zeit von Mai 2008 bis zur Rechtskraft des Ehescheidungsurteils - dem 18.7.2009 - in Anspruch.
Der im Jahre 1991 geborene Sohn der Parteien lebte nach der Trennung seiner Eltern im Februar 2008 bei seiner Mutter und ging noch zur Schule.
Gegenstand des Verfahrens war primär die Höhe der bei beiden Parteien anzusetzenden Einkünfte und in diesem Zusammenhang u.a. die Frage, ob die Ehefrau den von ihr für den gemeinsamen Sohn der Parteien geleisteten Betreuungsunterhalt einkommensmindernd von ihrem Einkommen absetzen kann.
Erstinstanzlich wurde die Beklagte zur Zahlung rückständigen Trennungsunterhalts für die Zeit von Mai 2008 bis einschließlich Juli 2009 i.H.v. insgesamt 1.176,00 EUR verurteilt.
Hiergegen wandte sie sich mit der Berufung. Das Rechtsmittel erwies sich nur in geringem Umfang als erfolgreich.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das Rechtsmittel der Beklagten führte zur Titulierung geringfügig niedrigeren Trennungsunterhalts als erstinstanzlich ausgeurteilt.
Im Rahmen der Erörterung der unterhaltsrelevanten Nettoeinkünfte beider Parteien wies das OLG darauf hin, dass entgegen der Auffassung der Beklagten sie keinen an das gemeinschaftliche Kind geleisteten Betreuungsunterhalt von ihrem Einkommen absetzen könne. Zwar folge aus der Bestimmung zu § 1606 Abs. 3 BGB, dass der Betreuungsunterhalt dem Barunterhalt gleichstehe. Die Bestimmung gelte aber nur für den Fall, dass ein Anspruch auf Kindesunterhalt geltend gemacht werde. In solchen Fällen gelte der Betreuungsunterhalt nach der von der Beklagten in Bezug genommenen Rechtsprechung - in gleichem Umfang wie der an das minderjährige Kind zu zahlende Barunterhalt - monetarisiert, wenn nur noch ein Elternteil lebe und er die Betreuung des Kindes Verwandten überlasse (BGH FamRZ 2006, 1597, 1598 ff.).
Die Barunterhaltspflicht dieses Elternteils erhöhe sich dann um die monetarisierte Betreuungsunterhaltspflicht auf die doppelte Zahllast. In solchen Fällen bestehe die Besonderheit, dass der noch lebende Elternteil dem Kind nicht nur Barunterhalt, sondern auch Betreuungsunterhalt schulde. Nur er, nicht Verwandte, könne mit befreiender Wirkung Betreuungsunterhalt leisten, wie aus der Bestimmung zu § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB folge. Leiste der Elternteil keinen Betreuungsunterhalt, habe das Kind noch einen Anspruch auf - gleichwertigen - Bar- und Betreuungsunterhalt. Dem Anspruch des Kindes auf Betreuungsunterhalt sollten sich die Eltern nicht ohne Folgen entziehen können. Demgegenüber finde in Fällen wie dem vorliegenden, in dem beide Eltern noch lebten und einer von ihnen mit befreiender Wirkung Betreuungsunterhalt an das gemeinschaftliche Kind leiste, keiner Monetarisierung des Betreuungsunterhalts statt.
Von Eltern geleisteter Betreuungsunterhalt werde nicht monetarisiert. Er werde also nicht als Geldausgabe gewertet, so dass auch die ehelichen Lebensverhältnisse nicht durch eine solche Ausgabe geprägt seien. Auch der Ansatz eines Betreuungsbonus sei im vorliegenden Fall verfehlt, weil das im November 1991 geborene gemeinschaftliche Kind der Parteien zu Beginn der streitigen Zeit (Mai 2008) schon 16 Jahre alt gewesen sei und das Gymnasium besucht habe. Ein Betreuungsbonus werde nur dann gewährt, wenn sich die Betreuung bei gleichzeitiger Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils nur unter "besonderen Erschwernissen" bewerkstelligen lasse (BGH FamRZ 1991, 182, 184). Dies sei hier während der streitigen Zeit nicht der Fall gewesen.
Ein Abzug für die Betreuung des gemeinschaftlichen Sohnes vom Einkommen der unterhaltsverpflichteten Ehefrau komme daher nicht in Betracht.
Link zur Entscheidung
OLG Naumburg, Urteil vom 12.08.2010, 8 UF 102/10