Leitsatz
Die Ehefrau nahm den getrennt lebenden Ehemann auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch. Sie hatte nach der Trennung und während noch bestehender Ehe ein Kind von ihrem neuen Partner geboren und konnte wegen der Kindesbetreuung die bisherige Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben.
Sachverhalt
Die Ehe der Parteien wurde im März 2004 rechtskräftig geschieden. Vorher lebten sie seit Mai 2002 voneinander getrennt. Das am 9.2.2003 geborene Kind der Ehefrau stammte nicht von dem Ehemann ab. Der neue Partner hat die Vaterschaft mit Urkunde vom 15.1.2004 anerkannt.
Die Ehefrau nahm den Ehemann auf laufenden Ehegattenunterhalt ab Februar 2004 sowie auf Zahlung rückständigen Unterhalts für die Zeit von März 2003 bis Januar 2004 in Anspruch. In ihrer Unterhaltsberechnung legte sie bei ihm ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen von 1.865,18 EUR monatlich zugrunde. Der Ehemann wehrte sich gegen den Anspruch und vertrat die Auffassung, der Unterhaltsanspruch der Kindesmutter gem. § 1615l BGB gegen den leiblichen Vater des Kindes gehe dem Unterhaltsanspruch gem. § 1361 BGB vor. Im Übrigen habe die Ehefrau ihren Unterhaltsanspruch gem. § 1579 BGB verwirkt, da sie sich während seiner beruflichen Abwesenheit einem anderen Mann zugewandt und von diesem ein Kind geboren habe.
Das AG hat der Ehefrau Prozesskostenhilfe verweigert und zur Begründung ausgeführt, ihr stehe gegen den Vater ihres Kindes ein Unterhaltsanspruch gem. § 1615l BGB zu. Daneben bleibe ein Anspruch gegen den Ehemann auf Trennungsunterhalt grundsätzlich bestehen. Die Geburt eines von einem anderen Mann stammenden Kindes während der Trennungszeit sei den ehelichen Lebensverhältnissen zuzurechnen. Könne die Ehefrau allein wegen der Geburt des Kindes ihre bis dahin ausgeübte Erwerbstätigkeit nicht oder teilweise nicht fortsetzen, bestehe vom Grundsatz her ein Anspruch auf Trennungsunterhalt, der auch nicht deswegen ausgeschlossen oder eingeschränkt sei, weil die Ehefrau ein Kind von einem anderen Mann geboren habe.
Für die Bemessung der Haftungsquoten finde § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB entsprechende Anwendung. Es obliege der Ehefrau, die Voraussetzungen für ihren Unterhaltsanspruch gegen den leiblichen Vater des Kindes und dessen Leistungsfähigkeit darzulegen. Vortrag insoweit sei nicht erfolgt, so dass auch bei Annahme einer quotenmäßigen Haftung des Ehemannes ein auf ihn entfallender restlicher Anspruch aus § 1361 BGB nicht festgestellt werden könne.
Die Ehefrau hat gegen die ablehnende PKH-Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt, die das OLG für teilweise begründet hielt.
Entscheidung
Das OLG hat der Ehefrau einen Anspruch auf Trennungsunterhalt zuerkannt. In Übereinstimmung mit dem KG und dem OLG Bremen (KG v. 8.6.2000 - 19 UF 6449/99 = FamRZ 2001, 29 und OLG Bremen - 4 WF 10/04 = FamRZ 2005, 213) ging es davon aus, dass ein während der Trennungszeit geborenes Kind auch dann als eheprägend anzusehen ist, wenn es nicht von dem Ehepartner abstammt. Auch ein Verwirkungstatbestand sei nicht allein durch den Umstand erfüllt, dass die Ehefrau in der Trennungszeit ein Kind von einem anderen Mann geboren habe. Zur Feststellung eines schwerwiegenden, eindeutig beim Berechtigten liegenden Fehlverhaltens müssten weitere Umstände hinzutreten (BGH v. 5.9.2001 - XII ZR 336/99 = FamRZ 2001, 1693). Entsprechender Vortrag vonseiten des Ehemannes sei nicht erfolgt.
Der Ehemann hafte auf Trennungsunterhalt, und zwar anteilig neben dem leiblichen Vater des Kindes, der zur Zahlung von Unterhalt gem. § 1615l Abs. 2 S. 2 verpflichtet sei. Das OLG weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass das Zusammentreffen eines Anspruchs aus § 1361 BGB mit einem solchen aus § 1615l BGB gesetzlich nicht geregelt ist. Für den Fall, dass die getrennt lebende Ehefrau sowohl ein eheliches, als auch ein nach der Trennung geborenes, nicht vom Ehemann abstammendes Kind betreut, hat der BGH entschieden, dass beide Väter in entsprechender Anwendung des § 1606 Abs. 3 S. 1 anteilig eintreten müssen (BGH v. 21.1.1998 - XII ZR 85/96, MDR 1998, 473 = FamRZ 1998, 541).
Höchstrichterlich noch nicht entschieden ist die Frage, ob eine anteilige Haftung auch dann in Betracht kommt, wenn aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen sind.
Teilweise wird hierzu die Auffassung vertreten, es sei ein Vorrang des Betreuungsunterhalts anzunehmen. Dieser Auffassung folgt das OLG nicht und führt aus, für eine entsprechende Anwendung des § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB spreche, dass das Gesetz einen Nachrang des nicht auf Kindesbetreuung beruhenden ehelichen Unterhaltsanspruchs bzw. den Vorrang eines Anspruchs, der auf Kindesbetreuung beruht, nicht vorsieht.
Das OLG geht von einer vollen gleichrangigen Mithaftung des Ehemannes aus und berechnet den Trennungsunterhalt, ohne der Ehefrau das vor Schwangerschaft und Geburt bezogene Erwerbseinkommen fiktiv zuzurechnen. Wegen der fehlenden Leistungsfähigkeit des Kindesvaters hat es ihr Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung ihres vollen Unterhaltsbedarfs bewilligt.
Hinweis
Bei Leistungsun...