Leitsatz
Getrennt lebende Eheleute stritten sich um den Trennungsunterhalt ab Oktober 2006, den der Ehemann von seiner Ehefrau verlangte.
Sie hatten im Jahre 1986 geheiratet. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1987 und 1990 geborene Söhne hervorgegangen. Die Trennung der Eheleute erfolgte im September 2006. Ein Scheidungsverfahren zwischen ihnen war noch nicht anhängig.
Der ältere Sohn absolvierte auswärts eine Ausbildung, der jüngere Sohn besuchte noch die Schule und lebte im Haushalt seiner Mutter. Der von dem Ehemann zu zahlende Kindesunterhalt für den jüngeren Sohn war durch Jugendamtsurkunde tituliert worden, in der der Ehemann sich verpflichtet hatte, 138,6 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe nach § 2 RegelbetragVO unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind zu zahlen. Der Unterhalt für den volljährigen Sohn war auf Bitten der Parteien vom Jugendamt berechnet worden. Danach entfiel auf die Ehefrau eine monatliche Unterhaltsverpflichtung von ca. 513,00 EUR, auf den Ehemann eine solche von ca. 50,00 EUR.
Die Ehefrau litt an Nierenkrebs. Im September 2006 war ihr eine Niere vollständig entfernt worden. Seither war sie schwerbehindert mit einem GdB von 60 %. Erstinstanzlich wurde die Ehefrau verurteilt, für die Zeit von Oktober 2006 bis Februar 2007 Ehegattenunterhalt von insgesamt 1.100,00 EUR sowie monatlich 200,00 EUR ab März 2007 zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Gegen das erstinstanzliche Urteil wandte sich der Kläger mit seiner Berufung. Die Beklagte legte Anschlussberufung ein mit dem Ziel der Abänderung des angefochtenen Urteils und der Klageabweisung insgesamt.
Das Rechtsmittel des Klägers erwies sich als teilweise begründet, die Anschlussberufung der Beklagten blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach die Ehefrau Trennungsunterhalt schuldete und verurteilte sie zur Zahlung in unterschiedlicher Höhe bis einschließlich September 2008 und zur Zahlung von 285,00 EUR monatlich ab Oktober 2008.
Bei der Unterhaltsberechnung sei von den tatsächlichen Erwerbseinkünften des Klägers auszugehen. Der Ansatz eines höheren fiktiven Erwerbseinkommens komme nicht allein deshalb in Betracht, weil die Beklagte vorgetragen habe, der Kläger sei durchaus in der Lage, ein ebenso hohes Einkommen wie sie zu erzielen, wenn er sich ebenso engagiert wie sie für die berufliche Karriere eingesetzt hätte. Die Beklagte habe den beruflichen Werdegang des Klägers und seine Bemühungen um Arbeit bei bestehender Ehe hingenommen. Es könne daher nicht angenommen werden, dass der Kläger es unterhaltsbezogen leichtfertig unterlassen habe, höhere Einkünfte zu erzielen (vgl. hierzu Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rz. 494 ff.).
Auch aufseiten der Beklagten sei von ihrem tatsächlichen Erwerbseinkommen auszugehen. Es könne nicht angenommen werden, dass die Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit im Hinblick auf ihre Behinderung überobligatorisch sei, da es an konkreten Darlegungen hierzu fehle. Auch ein Betreuungsbonus könne nicht berücksichtigt werden, da der jüngere Sohn der Parteien bei Beginn des Unterhaltszeitraums im Oktober 2006 bereits 16 Jahre alt gewesen sei und nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Beklagte infolge der Betreuung des Kindes an der Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert sei.
Neben dem Erwerbseinkommen seien aufseiten der Beklagten Lohnersatzleistungen zu berücksichtigen. Infolge ihrer Erkrankung habe sie von ihrer Krankenkasse Krankengeld und vom Rentenversicherungsträger Übergangsgeld erhalten. Bei beiden Leistungen handele es sich um unterhaltsrechtlich bedeutsames Einkommen.
Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen seien die Unterhaltsverpflichtungen der Parteien ggü. gemeinsamen Kindern zu berücksichtigen. Dies gelte sowohl für minderjährige und privilegierte volljährige Kinder als auch für nicht privilegierte volljährige Kinder. Dem stehe, soweit es Unterhaltsansprüche nicht privilegierter volljähriger Kinder betreffe, nicht entgegen, dass insoweit ein Nachrang ggü. dem Anspruch auf Ehegattenunterhalt bestehe. Die Vorschrift des § 1609 BGB beschränke sich auf die Regelung der Rangfolgen mehrerer Unterhaltsberechtigter, betreffe also die Leistungsfähigkeit. Auf die Höhe des Unterhaltsbedarfs habe diese Vorschrift hingegen keine Auswirkung (BGH FamRZ 2008, 968 ff., Rz. 48).
Ein Vorwegabzug des Kindesunterhalts unterbleibe nur, wenn sich anderenfalls ein Missverhältnis zum wechselseitigen Lebensbedarf der Beteiligten ergebe. Ein solches Missverhältnis sei bei Aufeinandertreffen von Ehegatten- und Volljährigenunterhalt dann zu bejahen, wenn dem Ehegatten durch Unterhalt und Eigeneinkommen der angemessene Bedarf i.H.v. 1.100,00 EUR nicht verbleibe.
Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs für den Kläger kam nach Auffassung des OLG nicht in Betracht. Eine solche Befris...