Leitsatz
Die Parteien stritten sich um die Höhe des von dem Ehemann zu zahlenden Trennungs- und Kindesunterhalts. Kernproblem der Entscheidung war das Ausmaß einer Erwerbsobliegenheit der Ehefrau, die sich seit der Geburt der gemeinsamen Söhne um deren Erziehung gekümmert hatte und seit der zweiten Jahreshälfte 1999 wieder erwerbstätig war.
Sachverhalt
Die Kläger - die getrennt lebende Ehefrau und ein gemeinsamer minderjähriger Sohn der Parteien - verlangten Trennungs- und Kindesunterhalt. Im Rahmen des Verfahrens stritten sich die Parteien insbesondere um die Berechnung eines Wohnvorteils sowie um das Ausmaß einer Erwerbsobliegenheit der Ehefrau, die sich seit der Geburt der gemeinsamen Söhne um deren Erziehung gekümmert hatte und erst seit der zweiten Jahreshälfte 1999 wieder berufstätig war. Nach einer erfolgreich absolvierten Fortbildungsmaßnahme arbeitete sie seit Anfang 2000 bei ihren Prozessbevollmächtigten 28 Stunden wöchentlich. Die Trennung der Parteien erfolgte kurz vor dem Jahreswechsel 2004/2005.
Das erstinstanzliche Gericht hatte in seinem Urteil die Auffassung vertreten, die Ehefrau müsse sich vor Ablauf des Trennungsjahres kein fiktives höheres Arbeitseinkommen zurechnen lassen. Hinsichtlich des Wohnvorteils und der damit zusammenhängenden Belastungen seien die Parteien so zu stellen, als hätten sie die Immobilie an Dritte veräußert. Aufseiten des Ehemannes sei ein Wohnvorteil i.H.v. 860,00 EUR einerseits und die Kreditbelastung andererseits zu verrechnen, so dass sich ein negativer Wohnvorteil von 214,00 EUR ergäbe. Das Einkommen der Klägerin hingegen sei um Kapitalerträge von 219,00 EUR zu erhöhen. Bei einer gedachten Veräußerung der Immobilie an Dritte entfalle der Wohnvorteil wie auch die Kreditbelastung und die Kapitalerträge würden sich gegenseitig aufheben.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legte der Beklagte Berufung ein. Er vertrat die Auffassung, keinen höheren Trennungsunterhalt als monatlich 400,00 EUR zu schulden. Der Wohnwert sei nicht in voller Höhe und nur unter Einbeziehung aller Hauslasten zu bemessen. Im Übrigen müsse die Klägerin jedenfalls nach Ablauf des Trennungsjahres vollschichtig arbeiten.
Sein Rechtsmittel hatte nur teilweise Erfolg.
Entscheidung
Zur Erwerbsobliegenheit der Ehefrau führte das OLG aus, eine über die tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit hinausgehende Erwerbsobliegenheit bestehe - auch nach Ablauf eines Trennungsjahres - nur in geringem Umfang. Für den Unterhaltsberechtigten bestehe in der Regel während des ersten Trennungsjahres keine Erwerbsobliegenheit, weil die Struktur der ehelichen Lebensverhältnisse nicht zerstört und die Zerrüttung nicht weiter vertieft werden solle. Dies gelte auch für die Ausweitung einer Teilzeitbeschäftigung (vgl. Eschenbruch/Mittendorf, Der Unterhaltsprozess, 3. Aufl. Rz. 6261 f.).
Angesichts des Alters der Ehefrau von 50 Jahren sei es wegen der derzeitigen Arbeitsmarktlage nicht realistisch, dass sie - nachdem sie eine 15-jährige Familienpause hinter sich habe - egal mit welcher vollschichtigen Tätigkeit ein höheres als das tatsächlich erzielte Einkommen von mehr als 1.000,00 EUR netto monatlich erwirtschaften könne. Die insoweit vertretene Auffassung des Beklagten gehe weit an der durch die nachhaltig veränderten allgemein bekannten Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt geprägten Realität vorbei.
Allerdings sei die Ehefrau nach Ablauf einer gewissen Frist gehalten, neben 28 Stunden noch eine Geringverdienertätigkeit mit zwei Stunden täglich auszuüben, woraus sie monatlich bereinigte Einkünfte von 260,00 EUR erzielen könne. Diese zusätzliche Erwerbsobliegenheit beginne etwa nach einem dreiviertel Jahr nach Trennung, somit im Oktober 2005. Hierbei sei berücksichtigt worden, dass jegliche Betreuungsbedürftigkeit auch des jüngeren Kindes mit dessen Volljährigkeit im August 2005 ende und die Parteien mit ihrem Ende 2004 geschlossenen notariellen Vertrag ihre Trennung bereits manifestiert hätten. Die Struktur der ehelichen Lebensverhältnisse sei hierdurch auch zumindest zum Teil erheblich verändert. Letztendlich sei es geboten, die ansonsten gängige einjährige Frist bis zum Eintritt einer Erwerbsobliegenheit auch in Anbetracht der langen Ehedauer abzukürzen. Andererseits weise die Ehefrau zu Recht darauf hin, dass eine gewisse Überlegungsfrist notwendig sei. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass ihr eine mit dem Umzug verbundene notwendige Zeit zur Einrichtung auf die neuen Lebensverhältnisse einzuräumen sei.
Zum Wohnwert wies das OLG darauf hin, Fälle wie den vorliegenden in der Vergangenheit so behandelt zu haben, als wäre fiktiv eine Veräußerung an einen Dritten erfolgt (vgl. auch OLG Karlsruhe FuR 2004, 457, 458 f. mit eingehender Begründung dieser Billigkeitsentscheidung). Die jeweiligen Kapitaleinkünfte in Form monatlicher Zinseinkünfte wären dann auf beiden Seiten zu berücksichtigen und könnten bei der Unterhaltsberechnung daher für den Trennungsunterhalt auf beiden Seiten vernachlässigt werden.
Der BGH habe für den nachehelic...