Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten um den Trennungsunterhalt der Ehefrau für die Zeit von November 2006 bis einschließlich März 2009. Sie waren im April 2009 rechtskräftig voneinander geschieden worden.
Das KG hat sich in seiner Entscheidung mit in Unterhaltsverfahren häufig auftretenden Rechtsfragen auseinandergesetzt, so u.a. mit dem Betreuungsbonus bei Praktizierung des Wechselmodells, den Einkünften des Unterhaltspflichtigen aus überdurchschnittlichen Arbeitszeiten sowie der Obliegenheit, eine nach der Trennung von dem anderen Ehepartner zu groß gewordene Mietwohnung aufzugeben.
Sachverhalt
Die Parteien waren im April 2009 rechtskräftig geschieden worden und stritten über den Trennungsunterhalt der Ehefrau für die Zeit von November 2006 bis einschließlich März 2009.
Die Klägerin nahm den Beklagten mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 auf Zahlung von Trennungsunterhalt i.H.v. 800,00 EUR monatlich in Anspruch. Die beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder wurden von beiden Eltern in einem echten Wechselmodell betreut.
Im Juni 2004 zog die Klägerin aus der gemeinsamen Ehewohnung aus. Von Juni 2004 bis jedenfalls August 2006 zahlte der Beklagte Barunterhalt i.H.v. 400,00 EUR monatlich an sie. Jedenfalls seit April 2006 lebten die Parteien dauerhaft voneinander getrennt. Der Beklagte nutzte seine ca. 220 qm große Wohnung zugleich zum Betrieb seiner Arztpraxis, auf die ein Anteil von 65 qm entfiel. Seit August 2007 entrichtete er hierfür eine monatliche Gesamtmiete von 1.718,42 EUR, den auf seine Praxis entfallenden Anteil der Wohnungskosten machte er steuerlich als Betriebsausgaben geltend. Er zahlte monatlich 127,00 EUR für die Fremdbetreuung eines der Kinder, worin ein Verpflegungskostenanteil von 23,00 EUR enthalten war.
Die Klägerin arbeitete bis Juni 2009 halbtags als Krankenschwester. Von Juni bis September 2009 hatte sie eine 3/4-Stelle inne, mit der sie im Juli 2009 ein Einkommen von 1.493,40 EUR netto erzielte.
Das AG hat der Klägerin mit Urteil vom 13.5.2009 Trennungsunterhalt für die Zeit von November 2006 bis Dezember 2008 i.H.v. monatlich 701,00 EUR und für die Zeit von Januar bis einschließlich März 2009 i.H.v. monatlich 707,00 EUR jeweils einschließlich Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen. Für den Zeitraum danach ging das erstinstanzliche Gericht von einer Verwirkung des Unterhalts wegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Klägerin mit einem neuen Partner aus.
Gegen das erstinstanzliche Urteil wandte sich der Beklagte mit seiner Berufung. Das Rechtsmittel hatte nur teilweise Erfolg.
Entscheidung
Das KG wies zunächst darauf hin, dass die Klägerin gemäß §§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB von dem Beklagten den vollen, nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhalt verlangen könne, wenn und soweit sie bedürftig sei.
Für den streitgegenständlichen Zeitraum von November 2006 bis März 2009 bemesse sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin in entsprechender Anwendung des § 1578 Abs. 1 BGB nach dem beiderseitigen Einkommen.
In Anlehnung an die - von den Parteien nicht beanstandeten - Feststellungen des AG ging das KG von einem Nettoeinkommen des Beklagten von 5.222,41 EUR aus. Nach Abzug von Altersvorsorgekosten, Krankenvorsorgekosten und Betreuungskosten verblieb ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen von 3.372,85 EUR.
Hiervon sei kein zusätzlicher Betreuungsbonus abzuziehen.
Mit einem solchen solle ein generell vorhandener, finanziell aber oft nicht messbarer Mehraufwand für die Betreuung der Kinder neben einer Erwerbstätigkeit ausgeglichen sein. Die Höhe des Bonus richte sich nach den Umständen des Einzelfalls (BGH FamRZ 2005, 1154). Abzustellen sei dabei insbesondere auf das Alter des Kindes und seine Betreuungsbedürftigkeit, die Anzahl der Kinder, Umfang und konkrete Arbeitszeit des Elternteils sowie Inanspruchnahme einer Fremdbetreuungsmöglichkeit.
Vorliegend sei für die Frage einer überobligationsmäßigen Belastung, die einen Betreuungsbonus rechtfertigen könnte, in erster Linie die Gestaltung der Arbeitstätigkeit und der Kinderbetreuung in den Wochen zu betrachten, in denen der Beklagte die Kinder betreue. In diesen Wochen habe er in Ausnutzung der für ihn als Selbständigen bestehenden Gestaltungsfreiheit seine Arbeitszeiten so eingerichtet, dass diese sich gut mit der ihm obliegenden persönlichen Betreuung der Kinder in Einklang bringen ließen. Hinzu komme, dass die Kinder immerhin von 8.00 bis 15.00 Uhr sowie am Mittwoch durchgehend nicht von ihm betreut würden.
Von der Frage des Betreuungsbonus sei die Frage zu trennen, ob beim Einkommen des Beklagten nicht wegen seiner insgesamt geltend gemachten Arbeitszeit, die sich im Durchschnitt betrachtet auf wöchentlich 49 bis 54 Stunden summiere, ein Abschlag wegen unzumutbarer Tätigkeit rechtfertige. Allerdings sehe der BGH nach seiner neueren Rechtsprechung auch ein Einkommen aus unzumutbarer Tätigkeit als bedarfsprägend an, soweit es nach Treu und Glauben anzusetzen sei (BGH FamRZ 2003, 848). Bei Überstunden oder Sonntagsarbeit komme es insoweit ...