David Elischer, Dr. Magdalena Pfeiffer
Rz. 136
Mit dem Tod des Erblassers gehen alle seinen Verbindlichkeiten auf den Erben über. Er haftet auch für die Beerdigungskosten. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage haftet der Erbe nicht automatisch nur bis zum Wert der erworbenen Erbschaft. Vielmehr muss er sich ausdrücklich die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses vorbehalten, um seine Haftung auf den Nachlass zu beschränken. Erben, die sich die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses nicht vorbehalten, haften für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt und gesamtschuldnerisch (§ 1704 ZGB). Der Vorbehalt eines Miterben wirkt nicht zugunsten der anderen Erben (§ 1705 ZGB), so dass jeder Miterbe – abhängig von seinen Handlungen – in unterschiedlicher Höhe haften kann. Erben, die den Vorbehalt erklärt haben, haften ebenfalls gesamtschuldnerisch, jedoch beschränkt auf den Wert des Nachlasses (§ 1707 ZGB).
Rz. 137
Auf das Recht, die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses zum Zwecke der Haftungsbeschränkung vorzubehalten, kann nicht im Erbvertrag verzichtet werden. Diesbezügliche Anordnungen eines Erblassers sind unwirksam (§ 1674 ZGB). Der Vorbehalt muss durch mündliche Erklärung vor dem Nachlassgericht oder durch schriftliche, dem Gericht eingesandte Erklärung erfolgen (§ 1474 Abs. 2 S. 1 ZGB). Der Vorbehalt kann nicht unter einem Vorbehalt oder unter einer Bedingung erklärt werden. Den Vorbehalt kann der Erbe nur innerhalb eines Monats erklären, nachdem er vom Nachlassgericht über dieses Recht benachrichtigt worden ist (§ 1475 S. 1 ZGB). Aus wichtigen Gründen kann das Gericht die Frist verlängern, und zwar auch nur gegenüber einzelnen Erben, so dass für die Erben verschiedene Fristen laufen können. Der Vorbehalt kann nachträglich nicht mehr erklärt werden (§ 1767 Abs. 2 ZGB).
Rz. 138
Im Gegensatz zur früheren Rechtslage dürfen Gläubiger nunmehr bereits vor Abschluss des Nachlassverfahrens die Begleichung ihrer Forderungen verlangen, wenn die Befriedigung aus der Substanz des Nachlasses möglich ist (§ 1703 ZGB). Ferner können Gläubiger, die eine Überschuldung des Erben befürchten, eine Absonderung der Nachlassmasse beantragen (§§ 1709 ff. ZGB).
Rz. 139
Auf Antrag eines Erben, der sich die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses vorbehalten hat, auf Antrag des Staates, der geerbt hat, oder auf Antrag eines Gläubigers kann das Nachlassgericht eine Nachlassliquidation anordnen (§§ 195 ff. GBVG).
Rz. 140
Die Erbenhaftung tritt kraft Gesetzes ein und ist unabhängig davon, ob die entsprechenden Verbindlichkeiten im Nachlassverfahren verhandelt und aufgelistet wurden. Die Erben können auch eine Auseinandersetzungsvereinbarung bezüglich der Verbindlichkeiten treffen und diese z.B. nur einem Erben zuordnen. Anders als früher sind die Gläubiger nicht zu beteiligen. Die Vereinbarung wirkt jedoch nur im Innenverhältnis und lässt die gesamtschuldnerische Haftung aller Erben gegenüber den Gläubigern unberührt (§ 1699 Abs. 1 ZGB).