Rz. 113

Neu eingeführt wurde die Möglichkeit, einen Erbvertrag zu schließen (§§ 1582 ff. ZGB). Das gemeinschaftliche Testament hingegen ist weiterhin unzulässig (§ 1496 S. 2 ZGB).

1. Voraussetzungen und Form

 

Rz. 114

Durch den Erbvertrag kann der Erblasser den Vertragspartner oder eine dritte Person zum Erben oder Vermächtnisnehmer vertraglich einsetzen. Andere Verfügungen können nicht mit bindender Wirkung getroffen werden. Der Erblasser muss volljährig und geschäftsfähig sein. Ist der Erblasser in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, kann er einen Erbvertrag nur mit Zustimmung seines Betreuers schließen und ändern. Der Erbvertrag kann von den Vertragsbeteiligten nur höchstpersönlich geschlossen werden; eine Vertretung ist unzulässig. Er bedarf stets der notariellen Beurkundung.

2. Umfang der Bindungswirkung

 

Rz. 115

Wie im österreichischen Recht darf der Erbvertrag nicht den gesamten Nachlass umfassen. Ein Viertel des Nachlasses muss dem Erblasser zur freien Verfügung bleiben. Will er auch über dieses testamentarisch verfügen, ist dies nur durch ein einseitiges Testament möglich. Hat der Erblasser in einem Erbvertrag über seinen gesamten Nachlass verfügt, kann die unwirksame Verfügung über das nicht freie Viertel des Nachlasses als wirksames Einzeltestament aufrechterhalten werden (§ 1591 ZGB). Der Erblasser kann den Erbvertrag jederzeit durch ein Testament aufheben. Er bedarf hierzu jedoch der Zustimmung des Vertragserben in Form einer notariellen Urkunde.

3. Verfügungen zu Lebzeiten

 

Rz. 116

Der Abschluss eines Erbvertrages hindert den Erblasser nicht, zu seinen Lebzeiten über sein Vermögen beliebig zu verfügen. Errichtet der Erblasser jedoch eine Verfügung von Todes wegen oder macht er zu Lebzeiten eine Schenkung, die den vertraglich berufenen Erben oder Vermächtnisnehmer beeinträchtigt, können Letztere sich auf die relative Unwirksamkeit dieses Testaments oder dieser Verfügung nach §§ 589 ff. ZGB berufen. Gewöhnliche Schenkungen werden hiervon nicht umfasst. Vielmehr ist wohl erforderlich, dass der Erblasser das Testament oder die Schenkung mit der Absicht, den Vertragserben zu schädigen, also das ihm Hinterlassene zu schmälern, vorgenommen hat.[23]

 

Rz. 117

Der Vertragserbe oder -vermächtnisnehmer kann seine Rechte aus dem Erbvertrag zu Lebzeiten des Erblassers nicht an einen Dritten abtreten, es sei denn, dass die Beteiligten ausdrücklich etwas anderes vereinbart haben (§ 1588 Abs. 1 S. 2 ZGB).

[23] Dvořák, in: Švestka/Dvořák/Fiala/Šešina/Wawerka, Občanský zákoník, komentář, Band IV, § 1588 ZGB S. 214.

4. Besonderheiten bei Ehegatten

 

Rz. 118

Grundsätzlich kann sich nur ein Erblasser durch einen Erbvertrag binden. Eine gegenseitige Erbeinsetzung in einem Erbvertrag ist daher nicht möglich. Für Ehegatten sieht das Gesetz jedoch eine Ausnahme vor. Diese können sich in einem Erbvertrag gegenseitig zu Erben oder Vermächtnisnehmern einsetzen (§§ 1592 f. ZGB). Die gleiche Möglichkeit steht Verlobten offen; der Erbvertrag wird jedoch erst mit Eheschließung wirksam. Durch die allgemeine Verweisung des § 3020 ZGB wird man annehmen müssen, dass der gegenseitige Erbvertrag auch für eingetragene Lebenspartner zulässig ist.

 

Rz. 119

Wird die Ehe geschieden, bleibt der Erbvertrag wirksam, es sei denn, die Ehegatten haben etwas anderes bestimmt. Im Falle der Wirksamkeit des Erbvertrages kann jeder Ehegatte nach der Scheidung die gerichtliche Aufhebung des Erbvertrages beantragen. Der Antrag ist jedoch abzulehnen, falls die Aufhebung zu Lasten des Ehegatten ginge, der die Scheidung nicht verschuldet hat und mit der Scheidung nicht einverstanden war.

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