Martin Ríha, Dr. Claudie Rombach
Rz. 156
Entscheidungen ausländischer Justizorgane in Erbsachen, die in dem Staat erlassen werden, in der der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte oder dessen Staatsbürger er war, werden grundsätzlich ohne weiteres anerkannt. Die Anerkennung erfolgt nach jetziger Rechtslage auch bei Immobilien, da die ursprüngliche ausschließliche Zuständigkeit tschechischer Gerichte durch EuErbVO beseitigt wurde, wenn es sich um eine ausländische Entscheidung oder ein Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ) handelt, die aufgrund EuErbVO erlassen wurden.
Rz. 157
Die Ausstellung von ENZ ist in § 288a BGVG geregelt. Zuständig ist entweder das Gericht oder der Notar. Im Verlauf des Nachlassverfahrens liegt die ausschließliche Zuständigkeit beim Notar, der in der Nachlasssache vom Gericht als Gerichtskommissar beauftragt wurde. Nach der rechtskräftigen Erledigung der Erbsache ist zur Ausstellung das Gericht zuständig, das für die Erbsache zuständig ist. In der Praxis sind die meisten ENZ von Notaren erlassen.
Rz. 158
Die Ausstellung erfolgt nie vom Amts wegen, sondern immer nur auf Antrag. Beteiligtn des Verfahrens sind Antragsteller, Erben, Vermächtnisnehmer, Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker. In den meisten Fällen wird das ENZ auf Antrag von Erben ausgestellt. Dem Antrag wird entweder entsprochen und das ENZ wird ausgestellt, oder wird er abgelehnt. Gegen den Beschluss ist die Berufung zulässig, über welche das Kreisgericht entscheidet.
Rz. 159
Obwohl auch nach tschechischen Vorschriften die Erbschaft als Universalnachfolge betrachtet wird, ist es erforderlich, einzelne Bestandteile, aus denen der Nachlass besteht, einzeln zu identifizieren. Dieses Erfordernis hängt unter anderem damit zusammen, dass im Nachlassverfahren der Nachlass auseinandergesetzt (d.h. in den meisten Fällen vertraglich unter den Erben verteilt) ist. Dieselbe Regel gilt auch für die Liegenschaften, die darüber hinaus nach Katastervorschriften beschrieben werden müssen. Eine etwaige fehlerhafte Identifizierung hat zur Folge, dass die Umschreibung im Liegenschaftenkataster nicht vorgenommen wird. Da das tschechische Recht bis jetzt keine Ausnahme für ausländische ENZ kennt, auch in Fällen, wo die Liegenschaften in Tschechien aufgrund ausländischen ENZ umgeschrieben werden sollen und diejenigen in ENZ ungenügend oder falsch identifiziert sind, ist die Umschreibung nicht möglich. Dieses schwerwiegende Problem trat nach Inkrafttreten der EuERbVO vor allem in Zusammenhang mit deutschen ENZ auf, die als Vorlage zur Umschreibung der Liegenschaften in Tschechien dienen sollten. Es gibt keine Lösung, weil auf einer Seite deutsche Gerichte es ablehnen, die Liegenschaften in ENZ zu identifizieren, und auf der anderen Seite tschechische Katasterämter solche ENZ als Vorlage für Umschreibung nicht akzeptieren.
Rz. 160
Seit Inkrafttreten der EuERbVO gibt es zahlreiche Fälle, in denen die Umschreibung untergangen ist. Jetzt scheint es, dass dieses Problem, das vor allem bei denjenigen Erben auftritt, deren Liegenschaften dadurch blockiert sind, gelöst wird. Nach dem Entwurf der Katasterverordnung, der am 15.8.2019 zur Erörterung vorgelegt wurde, solle die Umschreibung auch in solchen Fällen trotzdem möglich sein, wenn zum ENZ eine weitere schriftliche Erklärung des/der Erben mit gesetzmäßiger Identifizierung der Liegenschaften, vorgelegt wird. Aber zumindest bis zur Billigung des Verordnungsentwurfs muss man bei der Umschreibung der Liegenschaften in Tschechien aufgrund deutscher ENZ mit unlösbaren Komplikationen rechnen.