Rz. 79

Der geschiedene Ehegatte hat lediglich einen Anspruch auf angemessenen Unterhalt. Anders als bei Kindes- und Ehegattenunterhalt während bestehender Ehe besteht kein Anspruch auf Beibehaltung der ehelichen Verhältnisse. Was unter "angemessenem Unterhalt" zu verstehen ist, hängt von der konkreten Beurteilung eines jeden Einzelfalles ab. Nach § 760 Abs. 2 BGB hat das Gericht bei der Entscheidung über den Unterhalt oder über seine Höhe zu berücksichtigten, wie lange die geschiedene Ehe gedauert hat und wie lange sie geschieden ist, sowie ob

a) sich der geschiedene Ehegatte nicht eine angemessene Beschäftigung besorgt hat, obwohl er daran durch kein wichtiges Hindernis gehindert war,
b) der Ehegatte den Unterhalt durch ordnungsgemäßes Wirtschaften mit seinem eigenen Vermögen sicherstellen konnte,
c) sich der geschiedene Ehegatte während der Ehe an der Pflege der häuslichen Gemeinschaft beteiligt hat,
d) der geschiedene Ehegatte gegenüber seinem früheren Ehegatten oder einer ihm nahestehenden Person nicht eine Tat begangen hat, die den Charakter einer Straftat hat, oder
e) ein anderer ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
 

Rz. 80

Ausnahmsweise kann einem geschiedenen Ehegatten ein (erweiterter) Unterhaltsanspruch zuerkannt werden, dessen Höhe sich nach den ehelichen Verhältnissen richtet. Voraussetzung ist, dass der geschiedene Ehegatte an der Zerrüttung der Ehe durch Verletzung der ehelichen Pflichten keinen überwiegenden Anteil hatte und durch die Scheidung einen schweren Schaden erleidet (§ 762 BGB). In der Praxis wird dieser Unterhaltsanspruch daher als "Sanktionsunterhalt" bezeichnet. Er ist in der Praxis eher selten und darf nur für die Dauer von höchstens drei Jahren zuerkannt werden.

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