David Elischer, Dr. Magdalena Pfeiffer
1. Zerrüttungsprinzip
Rz. 51
Als einzigen Grund für die Ehescheidung sieht das tschechische Recht die tiefe, nachhaltige und unheilbare Zerrüttung der Ehe vor (§ 755 BGB). Eine solche liegt vor, wenn die Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft nicht erwartet werden kann, das eheliche Zusammenleben also ohne Hoffnung auf Aussöhnung beendet ist. Das eheliche Zusammenleben ist eine Frage der persönlichen und materiellen Gemeinschaft der Ehegatten, d.h. des Teilens von Freuden und Problemen, der gemeinsamen Freizeitgestaltung, der persönlichen Sorge um den anderen Ehegatten, der gemeinsamen Verfügung über Finanzmittel etc. Die Beendigung des ehelichen Zusammenlebens kann daher auch innerhalb der Ehewohnung erfolgen. Bei der Feststellung der Zerrüttung hat das Gericht die Zerrüttungsgründe zu berücksichtigen. Deren Feststellung kann für das Vorliegen einer der Härteklauseln nach § 755 Abs. 2 BGB entscheidend sein, da in diesen Fällen besondere Voraussetzungen erforderlich sind. Die häufigsten Zerrüttungsgründe in der Praxis sind unterschiedliche Interessen und unterschiedliche Charaktere der Ehegatten oder Untreue und Alkoholsucht eines Ehegatten.
2. Zerrüttungsvermutung
Rz. 52
Um den Eheleuten zu ersparen, dem Gericht die Gründe für die Zerrüttung ihrer Ehe darzulegen und nachzuweisen, sieht § 756 BGB die Möglichkeit einer einvernehmlichen Scheidung vor. Liegen die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen vor, erfolgt eine Prüfung und Feststellung der Zerrüttungsgründe durch das Gericht nicht. Für eine einvernehmliche Scheidung müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
▪ |
die Ehe muss mindestens ein Jahr gedauert haben; |
▪ |
die Eheleute müssen mindestens sechs Monate getrennt gelebt haben; |
▪ |
der andere Ehegatte muss dem Scheidungsantrag zustimmen; |
▪ |
die Ehegatten müssen schriftliche Verträge mit öffentlich beglaubigter Unterschrift vorlegen, die die Vermögensauseinandersetzung ihres gemeinsamen Vermögens für die Zeit nach der Scheidung sowie die sich aus ihrer gemeinsamen Wohnung ergebenden Rechte und Pflichten und eine eventuelle Unterhaltspflicht regeln; |
▪ |
die Ehegatten müssen eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über die Genehmigung ihrer Vereinbarung betreffend die Regelung der Rechtsverhältnisse zu ihren minderjährigen Kindern für die Zeit nach der Scheidung vorlegen. |
Rz. 53
Während die Verträge über die Vermögensauseinandersetzung und die Regelung über die Nutzung der Ehewohnung zwingend (siehe Rdn 52) vorgelegt werden müssen, ist die Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt fakultativ. Treffen die Ehegatten keine Vereinbarung, kann der Unterhalt auch nach der Scheidung geltend gemacht werden. In der Praxis vereinbaren die Ehegatten häufig eine Abgeltung des Unterhalts durch eine einmalige Abfindung nach § 761 Abs. 1 BGB.
3. Härteklausel
Rz. 54
Trotz nachgewiesener Zerrüttung der Ehe kann diese nicht geschieden werden, wenn die Scheidung im Widerspruch zum Interesse gemeinschaftlicher minderjähriger Kinder stünde (§ 755 Abs. 2 lit. a BGB). Dies kann z.B. bei behinderten Kindern der Fall sein. Desgleichen kann die Ehe nicht geschieden werden, wenn den Ehegatten, der an der Zerrüttung der Ehe keinen überwiegenden Anteil hatte, die Scheidung besonders hart treffen würde und besondere Umstände für die Erhaltung der Ehe sprechen. Auf diese Härteklausel kann sich ein Ehegatte jedoch nach einer Trennungszeit von mehr als drei Jahren nicht mehr berufen (§ 755 Abs. 2 lit. b BGB). Da die kumulativen Voraussetzungen in der Praxis nur schwer darzulegen und nachzuweisen sind, kommt eine Ablehnung der Scheidung aus diesem Grund nur sehr selten vor.