David Elischer, Dr. Magdalena Pfeiffer
1. Allgemeines
Rz. 90
Vertragliche Vereinbarungen für den Fall der Scheidung sind im Vorfeld einer konkret bevorstehenden Scheidung in vielen Bereichen möglich. Vorsorgende Vereinbarungen ohne Bezug zu einer bevorstehenden Scheidung sind nach derzeitigem Recht – mit Ausnahme der Modifizierung der Errungenschaftsgemeinschaft (siehe Rdn 32 f.) – wohl zulässig, werden aber erst mit der rechtskräftigen Scheidung wirksam. Da für Vereinbarungen im Hinblick auf eine konkrete Scheidung keine notarielle Beurkundung vorgeschrieben und allenfalls für das Scheidungsverfahren eine öffentliche Beglaubigung der Unterschriften erforderlich ist, stellt die in Deutschland häufige umfassende notarielle Scheidungsvereinbarung eher eine Ausnahme dar. Üblich sind vielmehr privatschriftliche Vereinbarungen, für deren Abschluss ggf. ein Rechtsanwalt hinzugezogen wird. Eine der jetzigen deutschen Praxis vergleichbare gerichtliche Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle der Verträge findet nicht statt. Dennoch darf die Vereinbarung nach den allgemeinen Vorschriften des BGB nicht gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen.
2. Vermögensteilung
Rz. 91
Die Ehegatten können ihr gemeinsames Vermögen, dessen Umfang sich nach den gesetzlichen Vorschriften oder nach dem von ihnen abgeschlossenen Ehevertrag (vgl. Rdn 19 f., 32 f.) richtet, durch eine schriftliche Vereinbarung auseinandersetzen (§ 738 Abs. 1 BGB). Die Vereinbarung kann auch lediglich einen Teil des gemeinsamen Vermögens umfassen (§ 738 Abs. 2 BGB). Gehört zum Vermögen eine Immobilie, bedarf die Auseinandersetzung ferner entsprechend den allgemeinen Grundsätzen der Eintragung in das Immobilienkataster. Die Unterschriften der Beteiligten müssen öffentlich beglaubigt werden. Die Beglaubigung kann durch die notarielle Beurkundung ersetzt werden, was im Hinblick auf die Vereinbarung der sofortigen Zwangsvollstreckung sinnvoll sein kann.
Rz. 92
Entgegen früherer Ansicht in der Rspr., nach der eine Auseinandersetzungsvereinbarung erst nach Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft, also nach Rechtskraft der Scheidung, möglich sein sollte, kann der Vertrag seit Einführung der Möglichkeit der einvernehmlichen Scheidung (siehe Rdn 52) nun auch im Vorfeld der Scheidung geschlossen werden. Nach h.M. ist ein solcher Vertrag aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Scheidung. Die Ehegatten sind bei ihrer Vereinbarung nicht an die gesetzlichen Vorschriften über die Auseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft gebunden. Es steht ihnen frei, wie sie diese vornehmen, insbesondere welche Gegenstände sie welchem Ehegatten zuordnen bzw. in welcher Höhe sie die Anteile am Vermögen festlegen. Eventuelle Gläubigerrechte bleiben durch die Vereinbarung jedoch unberührt (§ 737 Abs. 2 BGB).
3. Ehewohnung
Rz. 93
Die geschiedenen Ehegatten können die Nutzung der Ehewohnung für die Zeit nach der Scheidung einvernehmlich regeln. Wie bei der Auseinandersetzung des gemeinsamen Vermögens (siehe Rdn 92) kann die Vereinbarung seit der Einführung der Möglichkeit der einvernehmlichen Scheidung nunmehr im Vorfeld der Scheidung geschlossen werden. Auch hier handelt es sich um einen aufschiebend bedingten Vertrag. Soll sie als Voraussetzung für eine einvernehmliche Scheidung dienen, muss sie jedoch schriftlich geschlossen werden, die Unterschriften müssen öffentlich beglaubigt werden.
4. Nachehelicher Unterhalt
Rz. 94
Vertragliche Vereinbarungen hinsichtlich der Ausgestaltung der nachehelichen Unterhaltspflicht sind zulässig. Die Vereinbarung ist wiederum aufschiebend bedingt durch die Scheidung. Ändern sich die Verhältnisse wesentlich, kann die Vereinbarung auf Antrag gerichtlich abgeändert werden (§ 923 Abs. 1 BGB). Die Regelung des Unterhalts ist jedoch keine unabdingbare Voraussetzung für eine einvernehmliche Scheidung, sie kann auch nach der Scheidung erfolgen. Die Vereinbarung ist formfrei möglich. Die Ehegatten können jedoch durch schriftlichen Vertrag vereinbaren, dass der berechtigte Ehegatte durch Zahlung eines einmaligen Geldbetrages abgefunden wird. Die Unterhaltspflicht erlischt in diesem Fall durch die Leistung der Abfindung (§ 761 Abs. 1 BGB). Eine solche Vereinbarung kommt in der Praxis häufig bei einvernehmlichen Scheidungen vor. Soweit ersichtlich, ist die Frage der Treu- oder Sittenwidrigkeit einer solchen Abfindungsvereinbarung für den Fall, dass der verzichtende Ehegatte später nicht in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, und auf öffentliche Leistungen angewiesen ist, noch nicht diskutiert worden. Ein Anspruch auf Abfindung der Unterhaltspflicht besteht nicht. Wird die Vereinbarung über den Unterhalt oder über die Abfindung des Unterhalts im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung geschlossen, müssen die Unterschriften öffentlich beglaubigt werden.