Rz. 35

Sind weder die oben aufgezählten gesetzlichen Erben noch eine wirksame Verfügung von Todes wegen vorhanden oder haben alle gesetzlichen Erben und Begünstigten die Erbschaft ausgeschlagen, fällt der gesamte Nachlass dem türkischen Staat als letztem gesetzlichen Erbe zu (Art. 501 ZGB).[67] Hier tritt der Staat in eine privatrechtliche Position des Erben ein.[68] Der Staat haftet jedoch nur mit dem erworbenen Nachlassvermögen für Nachlassverbindlichkeiten (Art. 631 Abs. 2 ZGB). Der Staat kann innerhalb einer dreimonatigen Frist nach dem Erbfall den Nachlass ausschlagen (Art. 605, 606 ZGB).

 

Rz. 36

Das türkische Recht kennt im Gegensatz zum deutschen Recht weder das sog. Gradualsystem, wonach ab der vierten Ordnung der Erbe nach der Nähe des Verwandtschaftsgrades zum Erblasser berufen wird, noch ein Erbrecht von Ordnungen über den dritten Grad hinaus. In der Türkei belegener unbeweglicher Nachlass eines deutschen Erblassers bspw. wird, sofern dieser weder einen Ehegatten noch Verwandte bis zur dritten Ordnung hinterlässt, vom türkischen Staat geerbt. Sein beweglicher Nachlass in der Türkei dagegen steht gemäß dem Nachlassabkommen und §§ 1928, 1929 BGB seinen Verwandten in der vierten Ordnung zu. Will der Erblasser dieses Ergebnis verhindern, kann er sich letztwilliger Verfügungen bedienen.

[67] Dieser Zustand ist auch international privatrechtlich genauso geregelt. Art. 22 Abs. 3 IPRG enthält folgende Regelung: "Ein in der Türkei befindlicher Nachlass, der ohne Erben ist, fällt an den Staat." Übersetzung von Tekinalp, RabelsZ 1983, 135.
[68] Schömmer/Faßold, Rn 139.

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