I. Ausstellung des Totenscheins
Rz. 104
Der Totenschein wird unter Vorlage des Ausweises des Erblassers durch den Vorsteher des Stadtbezirks oder Dorfes (Muhtar) ausgestellt. Der Vorsteher behält den Ausweis des Erblassers bei sich. Die Bestattungserlaubnis wird durch den Amtsarzt der Stadtverwaltung, falls ein solcher nicht vorhanden ist, durch den staatlich bestellten Amtsarzt (Hükümet Doktoru), und falls auch ein solcher nicht vorhanden ist, durch den Gesundheitsbeamten (Saglik Memuru) gegen Vorlage des Totenscheins ausgestellt. Ist der Leichnam an einen anderen Ort zu überführen, wird auch die Überführungsgenehmigung benötigt. Nach dem Begräbnis ist ein Exemplar des Totenscheins erneut dem Muhtar vorzulegen. Der Muhtar stellt einen neuen Totenschein aus und gibt den Ausweis des Verstorbenen zurück. Beide Dokumente, Ausweis des Erblassers und Totenschein, sind dem Direktor des Zivilstandsregisters vorzulegen. Nur dann wird der Ausweis des Erblassers endgültig eingezogen und der Erblasser im Zivilstandsregister als verstorben eingetragen.
II. Erbenfeststellungsklage (Erbscheinklage)
Rz. 105
Für in Deutschland befindliches bewegliches Vermögen wird gem. § 2369 BGB ein Fremdrechtserbschein erteilt, da auf diesen Teil des Nachlasses das türkische Recht anwendbar ist (§ 14 NA).
Rz. 106
Im türkischen Rechtssystem werden fast alle Anträge, die an ein Gericht gerichtet sind, unter dem großen Oberbegriff "Klage" (Dava) zusammengefasst. Obwohl es sich bei der Erteilung des Erbscheins um die Erteilung eine Urkunde handelt, deren Unrichtigkeit jederzeit geltend gemacht werden kann (Art. 598 Abs. 3 ZGB), wird in der Praxis i.d.R. eine Erbscheinklage erhoben, um einen Erbschein zu erlangen (Art. 8 Abs. II Nr. 6 türk. ZGB). Auf Antrag stellt das Friedensgericht einen Erbschein aus, der die Feststellung der Erbeneigenschaft enthält (Art. 598 Abs. 1 ZGB).
Rz. 107
Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben auf ihr Verlangen von dem Friedensgericht ein Erbschein ausgestellt, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben (Art. 598 Abs. 2 ZGB).
Rz. 108
Im Gegensatz zum deutschen Recht (§ 2369 BGB) enthält das ZGB keine explizite Regelung für einen Fremderbschein, aber dafür eine allgemeine Regelung. Jeder (also auch ein Ausländer), der seine Eigenschaft als gesetzlicher Erbe nachweist, kann einen Erbschein erhalten (Art. 598 Abs. 1 ZGB). Der Erbe muss lediglich den Tod des Erblassers und sein Verwandtschaftsverhältnis dem Gericht nachweisen. Das Weitere muss das Gericht von Amts wegen ermitteln. Örtlich zuständig für die Erbscheinklage ist jedes Friedensgericht. Klagebefugt ist der Erbe. Die Klagen können auch von mehreren Erben gemeinsam erhoben werden. Sie haben die Feststellung der Erbeneigenschaft zum Ziel. Seit 2011 dürfen auch die Notare den Erbschein ausstellen. Ist jedoch die Ausstellung des Erbscheins strittig oder von einem Ausländer beantragt, sind die Notare nicht mehr zuständig (Art. 71/B türk. Notarengesetz, Art. 2/V Verwaltungsvorschrift. Für die Ausstellung des Erbscheins nötige Unterlagen, die von den diplomatisch/konsularischen Vertretungen der Türkei im Ausland ausgestellt sind, bedürfen keines weiteren Anerkennungsverfahrens in der Türkei. Der Erbschein ist gültig, bis das Gegenteil gerichtlich festgestellt wird. Streitet jedoch ein Erbe die Erbeneigenschaft einer anderen Person ab, wird die Klage gegen diese Person gerichtet. Der Erbschein hat nach rechtskräftigem Urteil des Gerichts die Wirkung eines Gerichtsurteils (ilam).
Rz. 109
Das Klageverfahren richtet sich nach der Prozessordnung, wobei kein Anwaltszwang besteht.
III. Widerspruch gegen den Erbschein und Annullierung des Erbscheins
Rz. 110
Der Erbe kann gegen die Erteilung eines Erbscheins, der einen anderen begünstigt, Widerspruch erheben, falls das Erbscheinsurteil noch nicht rechtskräftig ist (Veraset ilamina itiraz davasi).
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