Prof. Dr. Christian Rumpf
Rz. 107
Das Handelsregister spielt in der Türkei eine ähnliche Rolle wie in Deutschland oder der Schweiz. Es gibt Auskunft über alle wesentlichen Merkmale eines Kaufmanns oder einer Handelsgesellschaft. Allerdings erhält man keine Auskünfte z.B. über die wirtschaftlichen Berechtigungsverhältnisse, es gibt auch kein Transparenzregister, obwohl sich die Türkei u.a. auch den Standards der FATF unterworfen hat. Die Vorschriften über die Eintragung in das Handelsregister wurden 2003 im Zuge der Reformgesetzgebung zur Erleichterung ausländischer Investitionen grundlegend überarbeitet, wobei vor allem bei der Registrierungsprozedur Erleichterungen geschaffen wurden. Das insbesondere für ausländische Investoren aufwändige Verfahren wurde verschlankt und die Kooperation zwischen den Behörden im Anmeldeverfahren verbessert. Bis heute wurde stetig an der Vereinfachung der Prozeduren gearbeitet, insbesondere wurde der elektronische Zugang über Mersis ständig erweitert.
Rz. 108
Vorschriften zur Registrierung beim Handelsregister finden sich in den Art. 24 ff. HGB. Ergänzt werden die handelsgesetzlichen Vorschriften durch die "Verordnung über das Handelsregister (HR-VO)" (Ticaret Sicili Yönetmeliği), welche die Rechtsverordnung (tüzük) aus dem Jahre 2003 ersetzt hat.
Rz. 109
Jedes kaufmännische Handelsunternehmen ist verpflichtet, sich beim Handelsregister anzumelden. Das Handelsregister wird bei der örtlichen Handelskammer (ticaret odası) geführt; das Handelsministerium führt die Aufsicht. Handelskammern gibt es in den meisten Provinzen. Das Handelsregister und das Handelsregisterblatt sind auch über das Internet zugänglich.
Rz. 110
Das Handelsregister ist verpflichtet, die Eintragungsdaten nicht nur zu Zwecken der Bekanntmachung an das Handelsregisterblatt (Ticaret Sicili Gazetesi), sondern auch an die Handelskammer, die Finanzbehörden und das Ministerium für Arbeit und Soziales zu übermitteln.
Rz. 111
Aus Art. 115 HR-VO ergibt sich, dass ausländische Gesellschaften ihren Sitz in die Türkei verlegen können. Voraussetzung ist, dass die Gesellschaftsdokumente ins Türkische übersetzt und an die zwingenden Vorschriften des türkischen Rechts angepasst werden. Eine im Ausland errichtete GmbH wird damit zu einer türkischen GmbH, ohne dass es zu einem Wechsel oder einer Aufgabe der Rechtspersönlichkeit kommt. Praktische Beispiele hierfür sind dem Autor noch nicht bekannt.
Rz. 112
Umgekehrt ist auch die Sitzverlegung einer türkischen Handelsgesellschaft, also auch der GmbH, ins Ausland möglich (Art. 12 EinfG HGB, Art. 116 HR-VO). Wesentliche Voraussetzung ist, dass der Nachweis erbracht wird, dass die Gesellschaft keine Verbindlichkeiten aufweist oder die Zustimmung der Gläubiger vorliegt. Die Löschung erfolgt, wenn dann noch der Nachweis erfolgt, dass die Tätigkeit der Gesellschaft im Ausland fortgesetzt wird. Die Löschung erfolgt in der Weise, dass die bisherigen Eintragungen gelöscht und der Tatbestand der Sitzverlegung ins Ausland mit der – ggf. neuen – Firma, der Rechtsform, dem Sitz und der Bezeichnung der dort zuständigen Behörde eingetragen werden (Art. 117 HR-VO).
Rz. 113
Grundsätzlich ist die Anwesenheit von Gesellschaftern und Geschäftsführern erforderlich, die sich jedoch auch vertreten lassen können. Nicht vertreten werden kann bei der Leistung der Unterschriften durch die Geschäftsführer, mit denen sie ihre Zeichnungsberechtigung dokumentieren. Ausländische Geschäftsführer können ausnahmsweise die Unterschriften dreifach vor ihrem Notar leisten und beglaubigen sowie apostillieren lassen, dieses Dokument kann dann in der Türkei von einem Bevollmächtigten eingereicht werden.
Fremdgeschäftsführer müssen beim Handelsregister vorsprechen. Ist er/sie Ausländer/in, genügt in der Praxis ein Bevollmächtigter, allerdings muss ein notariell beglaubigtes und apostilliertes Annahmeschreiben nebst Unterschriftszirkular mit drei beglaubigten Unterschriften vorgelegt werden, in denen auch die Ausweisnummern enthalten sind.