Prof. Dr. Christian Rumpf
I. Freiwillige Organe
Rz. 215
Während vor der HGB-Reform die nicht durch das Gesetz vorgesehenen Organe auch nicht per Satzung bestellt werden konnten, hat das HGB dies jetzt freigegeben. In der Satzung können also weitere Organe vorgesehen werden, solange diese nicht das Entscheidungsgefüge verändern.
II. Revisionsstelle
Rz. 216
Die Institution des Aufsichtsrats ist dem türkischen Gesellschaftsrecht grundsätzlich unbekannt. Das HGB a.F. folgte stattdessen dem schweizerischen Konzept der Revisionsstelle, die für die Aktiengesellschaft zwingend zu bestellen war (Art. 347 ff. HGB a.F.). Der vom Gesetz verwendete Begriff "denetçi" kann auch mit "Revisor" übersetzt werden.
Rz. 217
Mit Art. 635 HGB wurde das Erfordernis einer Revisionsstelle ohne Ansehung ihrer Größe (früher: ab 20 Gesellschaftern) auch für die GmbH festgelegt. Allerdings wurde dies mit den ersten HGB-Reformen gleich wieder relativiert, es besteht derzeit keine Revisionspflicht für die GmbH. Infolge des Verweises auf das AG-Recht gilt, dass eine Revisionsstelle nur für solche Unternehmen erforderlich ist, welche durch den Ministerrat (seit 2017 durch den Präsidenten der Republik) dazu bestimmt werden. Im Januar 2013 hat der Ministerrat dafür eine Bestimmung getroffen, die aber nur für bestimmte Aktiengesellschaften gilt. In Betracht kommt das allenfalls für Großunternehmen. Da aber das Gesetz die Revisionsstelle eben nicht mehr als Organ sieht, sondern nur von unabhängigen und von außen kommenden Revisoren spricht, geht es letztlich nur noch um die Wirtschaftsprüfungspflicht. Dazu ist eigens eine Verordnung erlassen worden, die die Voraussetzungen, Rechte und Pflichten unabhängiger Wirtschaftsprüfer regelt.
Rz. 218
Die Beschränkung der Wahl des Revisors auf ein Jahr ist entfallen. Allerdings darf der Revisor innerhalb von zehn Jahren nicht mehr als sieben Jahre Prüfer sein (Art. 400 Abs. 2 HGB). Die Funktion kann nur von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern übernommen werden. Die Revisoren sind unabhängig. Art. 400 Abs. 1 HGB führt eine Liste von Unverträglichkeiten auf: Die Revisoren dürfen nicht Anteileigner sein, dürfen die letzten drei Jahre nicht das Amt eines Geschäftsführers, Vorstands oder Angestellten innegehabt haben, dürfen nicht mehr als 20 % der Anteile einer Tochtergesellschaft besitzen, in verbundenen Unternehmen keine Geschäftsführungs- bzw. Vorstandsposition innehaben, mit Geschäftsführern oder Vorständen weder bis zum dritten Grade verwandt noch verheiratet sein, ferner dürfen sie ihren Umsatz als Wirtschaftsprüfer zu nicht mehr als 30 % mit der zu prüfenden Gesellschaft oder dem ihr zugehörigen Firmenverbund erzielen. Gleiches gilt, wenn der Wirtschaftsprüfer oder seine Sozietät bereits an der Erstellung der Bilanzen und Abschlussberichte beteiligt war. Vorstehende Beschränkungen erstrecken sich auf alle Partner und Angestellten, die in der gleichen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beschäftigt sind.
Rz. 219
Die Bestellung der Revisoren ist im Handelsregister einzutragen und im Handelsregisterblatt bekannt zu machen (Art. 399 Abs. 1 HGB).
Rz. 220
Mit der HGB-Reform haben sich die Aufgaben der Revisoren geändert. Sie greifen nicht mehr in das laufende Geschehen ein. Allerdings haben sie Anspruch auf umfassende Information durch den Vorstand in allen für den Jahresabschluss und die Bilanz bedeutsamen Fragen.
Rz. 221
Hauptaufgabe ist die Erstellung eines Wirtschaftsprüfungsberichts, der auch die Ergebnisse des vorhergehenden Jahres aufzugreifen hat (Art. 402 HGB). Handelt es sich um einen Unternehmensverbund (Konzern), ist ein Konzernbericht zu erstellen. Werden in einer gesonderten Stellungnahme Managementfehler aufgedeckt, hat der Vorstand bzw. die Geschäftsführung die Generalversammlung einzuberufen und für die Neuwahl des Vorstands bzw. der Geschäftsführung Sorge zu tragen (Art. 403 Abs. 5 HGB).