Prof. Dr. Christian Rumpf
1. Allgemein
Rz. 275
Für die Einzelheiten der Liquidation und des Liquidationsverfahrens verweist Art. 643 HGB auf die Bestimmungen des Aktienrechts, das zum Teil wieder auf das Recht der Kollektivgesellschaften verweist. Die Geschäftsführer haben die Auflösung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (Art. 637 HGB).
2. Stellung der Organe
Rz. 276
Grundsätzlich bleiben die Organe der GmbH bestehen. Allerdings sind ihre Funktionen stark beschränkt, denn die Entscheidungen richten sich nicht mehr auf Erfüllung des Gesellschaftszwecks. Für diejenigen Entscheidungen, die dem Betreiben der Auflösung der Gesellschaft gelten, sind die Liquidatoren (sing. tasfiye memuru) zuständig (Art. 535 HGB).
3. Liquidatoren
Rz. 277
Die Liquidatoren treten neben die Organe. Sie ersetzen nicht die Generalversammlung. Die wesentlichen Entscheidungen trifft die von den Liquidatoren einberufene Generalversammlung.
Rz. 278
Zu Liquidatoren müssen nicht unbedingt Dritte von außen bestellt werden. So wie bereits die Satzung für den Liquidationsfall vorsehen kann, dass die Liquidation von den Geschäftsführern durchzuführen ist, so kann auch ohne eine solche Satzungsbestimmung die Generalversammlung den oder die Geschäftsführer zu Liquidatoren bestimmen. Nach neuem Recht sind die Geschäftsführer aber jedenfalls dann Liquidator, wenn die Satzung oder Gesellschafter nichts anderes bestimmen, also keinen Liquidator einsetzen (Art. 536 Abs. 1 HGB). Die Bestellung der Liquidatoren wird im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht (Art. 536 Abs. 2 HGB). Ausländer können nach neuem Recht Liquidator werden, mindestens ein Liquidator muss jedoch türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Türkei sein (Art. 536 Abs. 4 HGB). Das zwingt Gesellschaften, die keinen türkischen Geschäftsführer haben, dazu, jedenfalls einen solchen Liquidator zu ernennen. Die Ernennung eines Liquidators erfolgt gemäß Art. 536 Abs. 3 HGB durch das Gericht, wenn die Liquidation auf einem Gerichtsbeschluss beruht. Das Gericht greift darüber hinaus ein, wenn keiner der Liquidatoren Türke mit Wohnsitz in der Türkei ist und ernennt eine geeignete Person als Liquidator (Art. 537 Abs. 3 HGB).
Rz. 279
Die Generalversammlung kann die Liquidatoren jederzeit abberufen und neue Liquidatoren bestellen (Art. 537 HGB). Verweigert die Generalversammlung auf Antrag eines Gesellschafters die Abberufung, kann dieser die Abberufung im Gerichtswege durchsetzen, wenn er hierfür wichtige Gründe glaubhaft machen kann. Die aufgrund eines Gerichtsbeschlusses eingesetzten Liquidatoren tragen selbst für die Eintragung in das Handelsregister und die Bekanntmachung im Handelsregisterblatt Sorge, bei Bestellung der Liquidatoren durch das Gericht nach Art. 537 Abs. 3 HGB erfolgt die Eintragung "aufgrund des Gerichtsbeschlusses".
Rz. 280
Die Liquidatoren trifft eine weitreichende Haftung (Art. 553 HGB). Sie haften für jeden Schaden, den ein Gläubiger oder sonstiger Dritter oder ein Gesellschafter infolge von fehlerhaften Handlungen im Rahmen der Liquidation erleidet. Die Haftung ist objektiv mit der Möglichkeit der Exkulpation (Beweis des Nichtverschuldens). Erfolgt die Schädigung gleichzeitig durch eine unerlaubte Handlung, haftet daneben auch die Gesellschaft (Art. 539 Abs. 4 HGB). Die Verjährungsfrist beträgt hier zwei Jahre ab Kenntnis vom Schaden und vom Schädiger, jedoch nicht mehr als fünf Jahre.
4. Durchführung der Liquidation
Rz. 281
Die Liquidatoren haben im Wesentlichen die Aufgabe, die Aktiva der GmbH zu veräußern. Für einen Gesamtverkauf benötigen sie einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss (Art. 538 Abs. 2 HGB), dessen Zustandekommen den Vorschriften über die Satzungsänderung folgt (Art. 421 HGB).
Rz. 282
Mit Amtsantritt haben die Liquidatoren zunächst einmal eine Bestandsaufnahme des Betriebsvermögens vorzunehmen und eine Zwischenbilanz zu erstellen, die den aktuellen Status der GmbH wiedergibt (Art. 540 HGB). Diese werden der Generalversammlung zur Genehmigung vorgelegt.
Rz. 283
Die nächsten Schritte ergeben sich aus Art. 541 HGB. Soweit die Gläubiger bekannt sind, werden sie mit eingeschriebenem Brief angeschrieben, für die übrigen Gläubiger wird der Aufruf öffentlich in einer überregionalen Tageszeitung und, soweit vorhanden, über die Webseite der Gesellschaft bekannt gemacht. Die Gläubiger erhalten eine angemessene Frist. Äußern sie sich nicht, so wird der Wert derjenigen Forderungen, die sich aus den Büchern der GmbH herleiten lassen, durch den Notar festgestellt (neues Recht: bei einer durch das Industrie- und Handelsministerium benannten Bank hinterlegt). Gleiches gilt auch für noch nicht fällige oder bestrittene Forderungen, für welche außerdem Sicherheit zu leisten ist oder Rücklagen zu bilden sind, nach neuem Recht werden sie beim Notar hinterlegt oder Sicherheit gestellt.
Rz. 284
Danach werden die festgestellten Forderungen beglichen, die Aktiva aufgelöst. Haben Gesellschafter ihre Einzahlungen auf das Kapital noch nicht vollständig geleistet, so haben die Liquidatoren für die vollständige Erbringung der Einlage Sorge zu tragen (Art. 542 HGB).
Rz...