Rz. 48

Ein Ehegatte kann nur mit ausdrücklicher Zustimmung des anderen einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräußern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken. Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen. Der Ehegatte, der nicht Eigentümer der Immobilie ist, die der Nutzung als Familienwohnung gewidmet ist, kann die Eintragung des Vermerks, dass es sich dabei um eine Familienwohnung handelt, ins Grundbuch beantragen.[67] Mit der Regelung des Art. 194 türkZGB wird neben dem Ehegatten auch der gutgläubige Dritte geschützt.[68]

 

Rz. 49

Wurde die Familienwohnung von einem der Ehegatten gemietet, so wird der andere Ehegatte, der nicht Partei des Mietvertrages ist, durch eine Mitteilung an den Vermieter zur Vertragspartei und haftet mit dem anderen Ehegatten gesamtschuldnerisch (Art. 194 Abs. 4 türkZGB). In der Begründung des Art. 194 türkZGB wird neben Art. 169 türkZGB auch auf Art. 121 schwZGB hingewiesen. Jedoch weicht der Inhalt des Art. 194 Abs. 3 und 4 türkZGB von der Regelung des schweizerischen ZGB stark ab. Art. 194 Abs. 4 türkZGB stellt auch eine Ausnahme von der Vertragsautonomie dar. Der Vermieter hat nur zur Kenntnis zu nehmen, dass der Ehegatte seiner Vertragspartei auch Vertragspartei geworden ist. Beweggrund des Gesetzgebers war auch in diesem Punkt der Schutz der Ehefrau.[69]

Die in Art. 194 Abs. 1 des türkZGB normierte Verfügungsbeschränkung wurde vom OLG Karlsruhe nicht güterrechtlich, sondern als allgemeine Ehewirkung nach Art. 14 EGBGB qualifiziert und ein grundsätzlicher Unterlassungsanspruch zuerkannt.[70]

[67] Anders im schwZGB: Untersagt das Gericht einem Ehegatten, über ein Grundstück zu verfügen, lässt es dies von Amts wegen im Grundbuch vermerken (Art. 178 Abs. 3 schwZGB).
[68] Ulusan, Die Neugestaltung des Familienrechts durch das neue türkische Zivilgesetzbuch, NZ 2002, 229; Urteil des Großen Senats des Kassationshofes v. 6.12.2017, E. 2017/2–2934 K. 2017/1556; Özdamar, S. 60, Fn 83.
[69] Ausführlich zur Familienwohnung des überlebenden Ehegatten: Nebioglu Önder, Aile Konutunun Sag Kalan Ese Özgülenmesi (Zuteilung der Familienwohnung an den überlebenden Ehegatten), Ankara 2014.
[70] OLG Karlsruhe Senat für Familiensachen, Beschl. v. 16.6.2015, 18 WF 126/15, FamRZ 2015, 1610 f.

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