Leitsatz

  1. Keine Übertragung der Verwalterstellung nach Umwandlungsgesetz ohne Eigentümerbeschluss
  2. Leitung einer Versammlung durch nicht ermächtigte Person führt wegen Verstoßes gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit zu anfechtbaren Beschlüssen
 

Normenkette

§§ 23 Abs. 1, 26 Abs. 1 WEG; §§ 123 Abs. 2 Nr. 2, 131 Abs. 1 Nr. 1 Umwandlungsgesetz

 

Kommentar

  1. Die Verwalterstellung einer nach WEG bestellten Verwaltungs-GmbH kann nicht nach Abspaltung des verwaltenden Unternehmensteils durch Verschmelzung auf eine andere GmbH übertragen werden. § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG ist insoweit nicht anwendbar, da die umwandlungsrechtliche Übertragbarkeit der Verwalterstellung allein nach Vorschriften des WEG zu klären ist. § 26 Abs. 1 WEG schließt den Übergang der Organstellung des Verwalters im Weg der Abspaltung zur Neugründung im Sinne des § 123 Abs. 2 Nr. 2 UmwG auf den neuen Träger aus. Insoweit steht einer Übertragung der Verwalterstellung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG ohne zustimmenden Beschluss der Versammlung der Eigentümer § 26 Abs. 1 Satz 5 WEG entgegen ("andere Beschränkungen der Bestellung oder Abberufung des Verwalters sind nicht zulässig"). Wohnungseigentümern ist insoweit ein Mitspracherecht eingeräumt (durch zwingende Mehrheitsbeschlussfassung, h.M.).

    So darf etwa auch eine GmbH als Verwalterin nicht die gesamte tatsächliche Ausübung der Verwaltungstätigkeit auf eine zu diesem Zweck gegründete GmbH übertragen, auch wenn diese weisungsgebunden und personell mit der Verwalter-GmbH verflochten ist (BayObLG, WuM 1990 S. 406; OLG Hamm, WE 1997 S. 24). Auch darf eine bestellte Verwalter-GmbH nicht mit einer anderen GmbH eine "gemeinsame Verwaltung" vereinbaren und dabei einen wesentlichen Teil der Kern-Verwalteraufgaben übertragen (BayObLG, WE 1998 S. 114). Zu einem bestellten Verwalter besteht ein besonderes Vertrauensverhältnis, was eine Rechtsnachfolge ohne Mitwirkung der Eigentümer ausschließt (BayObLG, ZWE 2002 S. 214; OLG Köln, ZMR 2006 S. 385). Auch die Übernahme des Geschäfts einer GmbH & Co. KG mit allen Aktiva und Passiva durch eine GmbH ohne Liquidation im Weg der Anwachsung führt nicht dazu, dass das Verwalteramt auf die GmbH übergeht (h.M.). Das Gleiche gilt, wenn sämtliche Anteile auf die Komplementär-GmbH übertragen werden (BayObLG, ZMR 1987 S. 230). Auch durch Gesamtrechtsnachfolge einer Erbschaft gemäß § 1922 BGB kann nicht eine Verwalterstellung erworben werden; dies gilt auch bei Erwerb eines Einzelhandelsgeschäfts. Durch einen Wechsel der Rechtsform kann auch kein neuer Verwalter ohne Zustimmung der Gemeinschaft aufgedrängt werden (LG Hamburg, ZWE 2012 S. 188). Dies gilt beispielsweise auch für die Ausgliederung eines Teilbetriebs gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf eine andere Gesellschaft (OLG Köln, OLGR 2004 S. 49).

  2. Wird dementsprechend eine Versammlung von einer nicht dazu ermächtigten Person geleitet, sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit erfolgreich anfechtbar (vgl. BayObLG, NZM 2004 S. 388; KG, NJW-RR 1997 S. 1171). Der Schutzzweck des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit, fremden Einfluss von der Gemeinschaft fernzuhalten, ist stets betroffen, wenn ein nicht an die Willensbildung gebundener Dritter durch aktive Teilnahme an der Versammlung auf diese Willensbildung einwirkt. Von diesem Verstoß war vorliegend auszugehen.

    Ein bestellter Verwalter kann nur einzelne Verwaltertätigkeiten auf Dritte als deren Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB delegieren (h.M.). Vorliegend handelten Mitarbeiter jedoch nicht als Erfüllungsgehilfen, sondern in Erfüllung einer (vermeintlich) originär eigenen Pflicht.

  3. Revision wurde nicht zugelassen, da weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass die Verwalterstellung durch umwandlungsrechtliche Abspaltung auf den übernehmenden Rechtsträger ohne Zustimmung der betroffenen Gemeinschaft übergehen kann.
 

Link zur Entscheidung

LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 27.11.2012, 6a S 98/11

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