Leitsatz
Gegenstand dieser Entscheidung war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Ehegatte nach Beendigung der Gütergemeinschaft die Übernahme von ihm eingebrachter Vermögensgegenstände verlangen kann, auch wenn das überschüssige Gesamtgut im Übrigen noch nicht verteilt ist.
Sachverhalt
Die Parteien waren rechtskräftig geschiedene Eheleute. Die Gütergemeinschaft war noch nicht auseinandergesetzt. Die Klägerin begehrte die Übernahme mehrerer in die Gütergemeinschaft mit dem Beklagten eingebrachter Grundstücke, die ihr von ihren Eltern mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht übertragen worden waren. Die darauf lastenden Verbindlichkeiten hatte sie unter Entlassung des Ehemannes übernommen. Sonstige Gesamtgutverbindlichkeiten bestanden nicht mehr. Der Ehemann hatte den Übernahmeanspruch anerkannt, allerdings nur Zug um Zug gegen Ersatz des Wertes des Grundstücks, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung.
Das AG hat den Beklagten uneingeschränkt zur Übertragung des Eigentums an den Grundstücken verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung blieb ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgte der Beklagte das von ihm geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht weiter.
Entscheidung
Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an die Tatsacheninstanz zurück.
Der Anspruch auf Übernahme der eingebrachten Grundstücke ergäbe sich aus § 1477 Abs. 2 BGB. Nach der gesetzlichen Regelung seien zunächst die Gesamtgutsverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Erst danach werde der Überschuss verteilt. Hierzu gehöre auch die Ausübung eines Übernahmerechts an einem eingebrachten Gegenstand; der Verteilung müsse deshalb grundsätzlich die Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten vorausgehen.
Solche vorrangig zu berichtigenden Verbindlichkeiten lägen hier nicht vor. Zwar lasteten auf den Grundstücken, deren Übernahme die Klägerin beanspruche, zum Teil noch Verbindlichkeiten. Die persönliche Haftung für diese Verbindlichkeiten habe die Klägerin jedoch - mit schuldbefreiender Wirkung für den Beklagten - übernommen. Die Belange des Beklagten würden deshalb insoweit durch die mit der Übernahme der Grundstücke einhergehenden Verkürzung des Gesamtguts als Haftungsmasse nicht tangiert.
Die vorrangige Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten könne auch im Wege der Übernahme durch einen Beteiligten erfolgen. Das Übernahmerecht bestehe dann, selbst wenn das Gesamtgut im Übrigen noch nicht verteilt sei. Der zu leistende Wertersatz müsse nicht in Geld bezahlt werden, sondern könne auf den Überschussanteil angerechnet werden. Übersteige der Wert des übernommenen Gegenstandes den Wert des übrigen Überschusses, bleibe die Verpflichtung zum Wertersatz bestehen. Dieser könne sich allerdings höchstens auf die Hälfte des Wertes der übernommenen Gegenstände belaufen. In dieser Höhe müsse Sicherheit geleistet werden, wenn es noch nicht zur endgültigen Überschussverteilung komme. Dieser Anspruch könne dem Übernahmeverlangen nach § 273 BGB entgegengesetzt werden.
Hinweis
Die Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft erfolgt in drei Schritten. Zunächst werden die Verbindlichkeiten berichtigt; ggf. bedarf es hierzu der Veräußerung von Gesamtgut. Sodann können Ehegatten persönliche Gebrauchsgegenstände und solche Gegenstände, die sie in die Ehe eingebracht oder während der Ehe durch Erbfolge, Vermächtnis oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben haben, gegen Wertersatz übernehmen. Ein solches Übernahmerecht besteht nicht für Surrogate.
Der danach verbleibende Überschuss wird hälftig geteilt.
Im Fall der Ehescheidung vor Auseinandersetzung ist auf Verlangen eines Ehegatten jedem von ihnen der Wert dessen zu erstatten, was er in die Gütergemeinschaft eingebracht hat. Dieses Wahlrecht besteht neben dem Übernahmerecht.
Der Güterstand der Gütergemeinschaft hat heute nur noch wenig praktische Relevanz.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 02.04.2008, XII ZR 44/06