Das LG verneint die Frage. Nach OLG Stuttgart (Beschluss v. 4.12.1985, 8 W 481/84, NJW-RR 1986 S. 318) und OLG Saarbrücken (Beschluss v. 12.2.1998, 5 W 370/97, NJW-RR 1998 S. 165) handele es sich um keine WEG-Streitigkeiten. Begründet werde die Ansicht damit, dass Sondernutzungsrechte nach Eintragung derselben im Grundbuch dingliche Wirkung zukommen. Die Rechtsstellung des Sondernutzungsberechtigten sei der Rechtsstellung des Eigentümers zumindest faktisch vergleichbar. Dafür spreche auch der Umstand, dass Streitigkeiten betreffend die Zuordnung und Übertragung von Sondernutzungsrechten auf eine Änderung des Grundbuchs abzielten. Dem sei zu folgen. Zwar werde ein Sondernutzungsrecht durch (schuldrechtliche) Vereinbarung begründet. Jedoch werde es regelmäßig im Grundbuch eingetragen. Es erlange hierdurch dinglichen, dem Sondereigentum vergleichbaren, Charakter. Damit entsteht eine eigentumsähnliche Rechtsposition.

Hinweis

Die Wohnungseigentümer K und B streiten um die Frage, wem welches Gebrauchsrecht am gemeinschaftlichen Eigentum zusteht. Es handelt sich also offensichtlich um eine Streitigkeit über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander. Dass das LG dies anders sieht, liegt an einer – verfehlten – Rechtsprechung. Nach dieser unterfallen Streitigkeiten, die die sachenrechtlichen Grundlagen des Wohnungseigentums betreffen, nicht unter § 43 Nr. 1 WEG. Nicht erfasst seien Fälle, in denen über das Sonder- und gemeinschaftliche Eigentum als solches, dessen Zuordnung und Übertragung sowie Abgrenzung und Inhalt gestritten werde. Diesen Fall sieht das LG als einem Sondernutzungsrecht vergleichbar an.

Achtung: Erzwingung einer Vereinbarung

Will ein Wohnungseigentümer eine Vereinbarung erzwingen, kann er diese Klage auf die Bestimmung des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG stützen. Auch hier könnte man mit dem LG fragen, ob es um Sachenrecht geht und daher § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG nicht anwendbar ist. Auch dieser Weg wäre indes ein Irrweg – was unschwer beim BGH nachzulesen ist.

Bei BGH, Urteil v. 22.3.2019, V ZR 298/16, Rn 11/Rn. 12 finden sich folgende Worte: „Im Ausgangspunkt zutreffend ist zwar, dass die sachenrechtliche Zuordnung nicht Gegenstand einer Vereinbarung i. S. d. § 10 WEG sein kann. Eine solche Vereinbarung dient der Regelung der Innenbeziehungen der Wohnungseigentümer untereinander, also der Schaffung einer Gemeinschaftsordnung, die ähnlich einer Satzung die Grundlage für das Zusammenleben der Wohnungseigentümer bildet. Hiervon ist eine vertragliche Regelung der sachenrechtlichen Zuordnung zu unterscheiden. Sie kann nicht Gegenstand einer Vereinbarung sein.

Anders liegt dies aber bei der Änderung des Inhalts eines dinglichen Sondernutzungsrechts oder dessen dauerhafter Aufhebung. In beiden Fällen bleibt die sachenrechtliche Zuordnung des Nutzungsgegenstands zum Gemeinschaftseigentum unverändert. Die Inhaltsänderung kann daher – ebenso wie die Aufhebung des Sondernutzungsrechts – Gegenstand einer Vereinbarung i. S. d. § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG sein. Eine Änderung des Inhalts des Sondernutzungsrechts ist hier Gegenstand der Klage. Der Kläger erstrebt nicht die Umwandlung der im Gemeinschaftseigentum stehenden Dachgeschossräume in Sondereigentum, sondern eine Änderung der Zweckbestimmung der seinem Sondernutzungsrecht zugewiesenen Räume dergestalt, dass in ihnen gewohnt werden darf. Das lässt die sachenrechtliche Zuordnung der Räume unberührt”.

Und noch deutlicher BGH, Urteil v. 23.3.2018, V ZR 65/17, Rn. 16: "Zu den sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft zählt das Sondernutzungsrecht aber auch nicht, und zwar selbst dann nicht, wenn es im Grundbuch eingetragen ist. Die Eintragung ändert den Charakter des Sondernutzungsrechts nicht, sondern stellt nur sicher, dass die Vereinbarung auch gegenüber dem Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers gilt. Daher kann sich aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG auch ein Anspruch auf ersatzlose Aufhebung eines Sondernutzungsrechts ergeben, allerdings nur als ultima ratio, etwa wenn die Sondernutzungsfläche zwingend benötigt wird, um unabwendbaren behördlichen Auflagen nachzukommen, und regelmäßig nur gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung."

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