I. Trennung
Rz. 59
Der Status des Getrenntlebens kann auf Antrag beider Ehegatten oder aufgrund der Klage eines der Ehegatten gerichtlich festgestellt werden, wenn ein Zusammenleben unmöglich oder von einem oder beiden Ehegatten nicht mehr gewünscht ist (Art. 119 Abs. 1 FGB). Der Status des Getrenntlebens endet mit der Wiederherstellung der häuslichen Gemeinschaft oder aufgrund eines Gerichtsurteils auf Antrag eines der Ehegatten (Art. 119 Abs. 2 FGB). Das Getrenntleben hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten der Ehegatten (Art. 120 Abs. 1 FGB). Lediglich das weitere Vermögen, das die getrennt lebenden Ehegatten jeweils erwerben, gilt nicht als während der Ehe erworben und wird somit zum persönlichen Vermögen der Ehegatten (Art. 120 Abs. 2 Nr. 1 FGB). Die Vaterschaft für ein Kind, das nach Ablauf von zehn Monaten nach Feststellung des Getrenntlebens geboren wird, wird nicht mehr vermutet (Art. 120 Abs. 2 Nr. 2 FGB).
Rz. 60
Für eine spätere Ehescheidung hat das Getrenntleben nur insofern Konsequenzen, als es Indiz für die Zerrüttung der Ehe ist.
II. Scheidungsgründe
Rz. 61
Ein Scheidungsgrund spielt nur dann eine Rolle, wenn nur einer der Ehegatten die Scheidung beantragt. Andernfalls reicht der gemeinsame Scheidungsantrag beider Ehegatten aus. Im Streitfall ist die Scheidung dann auszusprechen, wenn feststeht, dass das weitere Zusammenleben der Ehegatten und die Aufrechterhaltung der Ehe wesentlichen Interessen eines der Ehegatten oder des Kindes widersprechen würden (Art. 112 Abs. 2 FGB).
Rz. 62
Praktisch kommt dies dem Zerrüttungsprinzip des deutschen Scheidungsrechts sehr nahe. Nur wenn die Ehe zerrüttet ist, läuft ihre Fortsetzung den Interessen eines oder beider Ehegatten zuwider. Hinzu kommen Umstände, die die Unmöglichkeit der Verwirklichung von gesetzlichen Rechten eines der Ehegatten zur Folge haben können (vgl. Rdn 38), wie z.B. die Unfruchtbarkeit eines der Ehegatten oder sein Unwille, ein Kind zu gebären bzw. zu zeugen (Art. 49 Abs. 2, 50 Abs. 2 FGB). Auch die Verletzung anderer persönlicher Rechte oder Vermögensrechte des einen Ehegatten gem. Art. 51–56, 75 FGB (vgl. Rdn 29 ff.) durch den anderen kann ein Scheidungsgrund sein, wenn feststeht, dass sich das diesbezügliche Verhalten nicht ändern wird.
Rz. 63
Die von der sowjetischen Doktrin entwickelten objektiven und subjektiven Anhaltspunkte für die Zerrüttung der Ehe werden wohl vor ukrainischen Gerichten weiter zum Tragen kommen. Zu den objektiven Kriterien gehören neben Kinderlosigkeit und der Unmöglichkeit, gemeinsame Kinder zu haben, dauerhaftes Getrenntleben der Ehegatten, die faktische Gründung einer neuen Familie durch einen der Ehegatten (eheähnliches Zusammenleben mit einem Dritten) sowie die schwere Erkrankung eines der Ehegatten, die ein normales Eheleben unmöglich macht. Als subjektive Kriterien für das Scheitern der Ehe gelten Alkoholismus eines der Ehegatten, eheliche Untreue, Verschwendungssucht, Gleichgültigkeit in Bezug auf die Erziehung der Kinder u.Ä.
Rz. 64
Ausnahmsweise kann die Ehe in folgenden Fällen auf einseitiges Verlangen eines der Ehegatten geschieden werden, wenn der andere Ehegatte (Art. 107 Abs. 1 FGB):
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gerichtlich für verschollen erklärt wurde; |
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gerichtlich für geschäftsunfähig erklärt wurde. |
Rz. 65
Ein Klageverbot besteht gem. Art. 110 Abs. 2 FGB während der Schwangerschaft der Ehefrau und innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes, es sei denn,
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einer der Ehegatten hat sich gegenüber dem anderen oder dem Kind in einer Weise rechtswidrig verhalten, die die Merkmale einer Straftat aufweist, |
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die Vaterschaft für das Kind ist von einem anderen als dem Ehemann anerkannt worden (Art. 110 Abs. 3 FGB) oder |
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die Eintragung des Ehemanns als Kindesvater wurde auf gerichtliche Anordnung aus dem Geburtenregister gelöscht (Art. 110 Abs. 4 FGB). |
III. Scheidungsverfahren
1. Scheidung vor dem Standesamt
Rz. 66
Sofern die Ehegatten keine gemeinsamen minderjährigen Kinder haben, kann die einvernehmliche Scheidung vor dem Standesamt erfolgen (Art. 106 Abs. 1 Unterabs. 1 FGB). Es ist ausreichend, dass Einverständnis lediglich hinsichtlich der Ehescheidung selbst besteht. Zur Entscheidung über eventuelle vermögensrechtliche Streitigkeiten hinsichtlich der Scheidungsfolgen kann nach der standesamtlichen Eheauflösung das Gericht angerufen werden (Art. 106 Abs. 3 FGB). Zuständig ist das Standesamt am Wohnsitz der Ehegatten oder eines der Ehegatten (Art. 15 Abs. 2 Unterabs. 1 PStG, Abschnitt III Kap. 3 Ziff. 5 PSt-Regeln). Standesamtliche Ehescheidungen ukrainischer Staatsangehöriger mit stä...