Rz. 10
Als Testamentsformen kennt das neue ukrainische Recht ausschließlich die öffentliche Form: Der Testator kann das Testament selber errichten und dem Notar offen übergeben. Der Notar prüft es dann auf inhaltliche und formelle Fehler und bestätigt die Richtigkeit der Unterschrift auf dem Testament (§ 1248 Abs. 1 ZGB). Der Erblasser kann es dem Notar auch in einer verschlossenen Schrift übergeben. In diesem Fall beglaubigt der Notar die auf dem Umschlag befindliche Unterschrift des Erblassers durch einen entsprechenden Vermerk und verschließt die Schrift in einen weiteren Umschlag (Art. 1249 ZGB). In beiden Fällen muss der Testator das Testament eigenhändig unterschreiben. Der Text des Testaments muss aber nicht eigenhändig geschrieben werden. Schließlich kann der Erblasser seinen letzten Willen auch dem Notar diktieren, der diesen dann entsprechend niederlegt. Der Testator muss es dann laut vorlesen und unterschreiben (Art. 1248 Abs. 2 ZGB).
Rz. 11
Gemäß Art. 1243 ZGB können verheiratete Personen ein "gemeinschaftliches Testament" bezüglich ihres "gemeinsamen Vermögens" errichten. Das Testament kann zu Lebzeiten des anderen Ehegatten jederzeit widerrufen werden. Nach dem Tod eines Ehegatten dagegen hat der Notar für das im Testament genannte Vermögen ein Veräußerungsverbot zu erlassen (Art. 1243 Abs. 4 ZGB). Dadurch geht das gemeinschaftliche Vermögen zunächst auf den Überlebenden und später an eine im Testament benannte dritte Person über. Das Eigengut des Erblassers bleibt dagegen von der gemeinschaftlichen Verfügung unberührt und geht seine eigenen erbrechtlichen Wege. Das Vermögen geht also getrennte Wege, je nachdem, ob es sich um eheliches Gesamtgut oder um das Eigengut des Erblassers handelt. Dementsprechend wird der Ehegatte also nicht erbrechtlicher Universalnachfolger des Erblassers. Daher muss man das "gemeinschaftliche Testament" aus deutscher Sicht wohl eher als eine güterrechtliche Verfügung auf den Todesfall qualifizieren.
Rz. 12
Art. 1302 ZGB führt den "Erbvertrag" in das ukrainische Erbrecht ein. Danach übernimmt eine Vertragspartei (Erwerber) nach dem Tod des Veräußerers sein Vermögen gegen die Verpflichtung, die Anordnungen des anderen (Veräußerer) zu übernehmen. Einen solchen Vertrag können einzelne Personen, aber auch Eheleute als gemeinsame Veräußerer mit anderen Personen abschließen (Art. 1303 ZGB). Der Abschluss bedarf gem. Art. 1304 ZGB der notariellen Beurkundung. Dem Erbvertrag widersprechende testamentarische Verfügungen sind gem. Art. 1307 Abs. 2 ZGB sittenwidrig und unwirksam. Da der beurkundende Notar bzgl. "des im Vertrag genannten Vermögens" ein Veräußerungsverbot erlässt, muss der Vertrag offenbar nicht das gesamte Vermögen erfassen, sondern kann auch auf einzelne Vermögensgegenstände beschränkt werden. Es handelt sich also wohl um einen gegenseitig verpflichtenden entgeltlichen Vertrag, mit dem der Erblasser/Veräußerer einen Teil oder sein gesamtes Vermögen auf seinen Tod aufschiebend bedingt auf den Erwerber/Erbvertragspartner überträgt. Fraglich bleibt damit m.E., ob es sich tatsächlich um eine bindende Erbeinsetzung i.S.d. deutschen Erbrechts handelt. Möglich erscheint es vielmehr, dass es sich um eine schuldvertragliche Verfügung handelt, mit der der "Erblasser" – vergleichbar dem Leibrentenvertrag serbischen Rechts – gegen eine entsprechende Verpflichtung des Übernehmers eine schuldvertraglich zu qualifizierende Verbindlichkeit eingeht, die bei seinem Tode dazu führt, dass der Erwerber durch entsprechendes sachenrechtliches Verfügungsgeschäft im Wege der Individualsukzession die betroffenen Nachlassgegenstände quasi außerhalb der Erbfolge erwirbt. Für eine entsprechende Qualifikation als schuldrechtliches entgeltliches Geschäft spricht auch, dass Pflichtteilsrechte wohl im Fall der testamentarischen Erbfolge, nicht aber bei der vertragsmäßigen Erbfolge geltend gemacht werden können.
Rz. 13
Der Erblasser kann im Testament gem. Art. 1235 ZGB Erben einsetzen. Die Erbeinsetzung kann unter einer Bedingung erfolgen (Art. 1242 ZGB). Insbesondere können Ersatzerben eingesetzt werden (Art. 1244 ZGB). Die Vor- und Nacherbfolge ist nach ukrainischem Erbrecht nicht möglich. Der Erbe kann schließlich mit einem Vermächtnis und mit Auflagen belastet werden (Art. 1237, 1240 ZGB).
Rz. 14
Der Erblasser kann auch testamentarisch einen Testamentsvollstrecker ernennen (Art. 1286 ZGB). Der Testamentsvollstrecker kann das Amt gegenüber dem zuständigen Notariat (siehe Rdn 17) oder auch schon durch Unterschrift auf dem Testament annehmen (Art. 1289 ZGB). Er ist zur Inbesitznahme und Verwaltung des Nachlasses befugt. Hierzu erhält er vom Notar ein Testamentsvollstreckerzeugnis (Art. 1290 Abs. 3 ZGB). Zu Verfügungen über den Nachlass ist er von Gesetzes wegen noch nicht berechtigt. Eine Verfügungsmacht kann sich aber entweder daraus ergeben, dass er im Testament dazu ausdrücklich ermächtigt wurde oder dass die Erben ihn mit der Verfügung beauftragt haben. Auch zur Teilung des Nachlasses i...