Leitsatz

  1. "Managementaufgaben" des Verwalters im Fall beantragter größerer Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum
  2. Kontrollpflichten des Verwalters im Fall von Baumängeln
  3. Eventuelle Ersatzansprüche gegen sanierungsablehnende Eigentümer
  4. Richterliches Gestaltungsurteil setzt Vorbefassung der Gemeinschaft voraus
 

Normenkette

§§ 21 Abs. 4, 5 Nr. 2 und 8, 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG

 

Kommentar

  1. Der WEG-Verwalter muss gemeinschaftliches Eigentum regelmäßig nach Baumängeln überprüfen bzw. überprüfen lassen. Entsprechende Kontrollpflichten finden lediglich dort ihre Grenze, wo ihm etwaige Kontrollmaßnahmen nicht zugemutet werden können oder wo er zu einer Beurteilung der Notwendigkeit von Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen mangels Fachkenntnis nicht in der Lage ist.

    Werden gutachterlich erforderliche Maßnahmen festgestellt und bestätigt, muss der Verwalter die Wohnungseigentümer hierüber unterrichten und grundsätzlich deren Entscheidung herbeiführen (h.M., vgl. u.a. BayObLG, NZM 2004 S. 390).

    Die Entscheidung über die Notwendigkeit, Art und Umfang solcher Maßnahmen fällt damit grundsätzlich in die Entscheidungskompetenz der Eigentümer gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG. Auch aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG ergibt sich keine gesetzlich-originäre Verwalterpflicht zu konkreten Sanierungs-Auftragserteilungen; entsprechende Kompetenzübertragung auf einen Verwalter bedürfte insoweit ausdrücklicher Vereinbarungsregelung (wie vorliegend nicht getroffen).

    Vorliegend hatte die Anfechtung der Entlastungsbeschlussfassung keinen Erfolg, da der Verwalter seinen Pflichten in Kenntnis aller Fakten ausreichend nachgekommen war.

    Der Verwalter war nicht befugt, bei einem finanziell weitreichenden Sanierungsvorhaben – wie etwa hier den umfangreichen Bauarbeiten nach einem Wasserschaden – eigene Entscheidungen zu treffen; seine Pflicht bestand daher vielmehr korrektermaßen in der Information der Eigentümer nebst Vorbereitung entsprechender Beschlussfassungen.

  2. Lehnt nun die Eigentümerversammlung einen Sanierungsbeschluss ab, kann der Negativbeschluss mit Rechtsschutzbedürfnis angefochten werden (BGH, NJW 2010 S. 2129). Unbegründet ist seine Anfechtung allerdings dann, wenn der Kläger im Gegenzug keine Anspruchsberechtigung auf konkrete positive Beschlussfassung besitzt.

    Klägerische Geltendmachung eines Mietausfallschadens muss im Übrigen substanziiert vorgetragen und mit Pflichtverletzung von Schädigern im Unterlassungsfall einer Sanierung auch kausal begründet werden, und zwar unter Vortrag darauf, dass bei pflichtgemäßem Handeln der Eintritt des Schadens mit Sicherheit verhindert worden wäre, wobei bloße Möglichkeit nicht genüge (vgl. BGH, NJW 2003 S. 295).

    Lehnen Eigentümer einen notwendigen Sanierungsbeschluss ab, kommen Ersatzansprüche allenfalls gegen die übrigen Eigentümer in Betracht, nicht jedoch gegen den Verwalter.

  3. Verschiebt die Gemeinschaft Erhaltungsmaßnahmen trotz fortschreitender Verschlechterung des bisherigen Bauzustands, widerspricht dies trotz einer etwa hohen finanziellen Belastung der Eigentümer Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Ein Anspruch auf verpflichtende Beschlussfassung besteht allerdings nur dann, wenn auch das der Eigentümerversammlung grundsätzlich zustehende Auswahlermessen "auf null reduziert" ist. Vorliegend war der klägerische Hilfsantrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 21 Abs. 8 WEG bereits unzulässig; dem Kläger fehlte das Rechtsschutzbedürfnis, weil er das dem Selbstorganisationsrecht der Eigentümer entstammende Gebot, die Eigentümerversammlung mit seinem Begehren vorbefassen zu lassen, nicht beachtet hat. Vorliegend wurden von der Gemeinschaft auch Instandsetzungsmaßnahmen nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern nur um wenige Wochen verschoben. Auch waren Kostenverteilungsfragen in bestehender Anlage mit vereinbarten Untergemeinschaften noch nicht abschließend geklärt.
 

Link zur Entscheidung

LG Hamburg, Urteil v. 10.4.2013, 318 S 91/12

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