1 Leitsatz
Wird ein Kellerraum als Teil eines Wohnungseigentums bei Neufassung des Bestandsverzeichnisses versehentlich nicht mitübernommen, geht bei einer Übertragung des Wohnungseigentums der Kellerraum dennoch auf den Käufer über.
2 Normenkette
§ 33 GBV
3 Das Problem
Zum Wohnungseigentum Nr. 117 gehört von Anfang an (seit dem Jahr 1978) ein Keller. Im Jahr 1987 wird das Bestandsverzeichnis wegen Unübersichtlichkeit nach § 33 GBV neu gefasst. Der Grundbuchrechtspfleger übersieht den Keller. Fraglich ist, in wessen Eigentum der Raum steht, nachdem das Wohnungseigentum mittlerweile mehrfach veräußert wurde.
4 Die Entscheidung
Das OLG meint, der Keller gehöre dem Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 117. Der Raum sei durch die Änderung des Bestandsverzeichnisses nicht von diesem Wohnungseigentum abgetrennt worden. Zwar könnten Räume an andere Wohnungseigentümer übertragen werden (Hinweis u. a. auf BayObLG, Beschluss v. 2.2.1984, BReg 2 Z 125/83). Zur Wirksamkeit der Übereignung sei aber gem. § 873 BGB die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch erforderlich, was nicht geschehen sei. Der vormalige Eigentümer könne auch nicht wirksam auf das Sondereigentum am Keller verzichtet haben. Der vollständige Verzicht auf Sondereigentum sei unzulässig. Für die Aufgabe von Sondereigentum an einzelnen Räumen gelte nichts anderes. Sondereigentum könne nur dadurch in gemeinschaftliches Eigentum überführt werden, dass an dem Vorgang sämtliche Eigentümer mitwirkten. Überdies wäre für eine Wirksamkeit des Verzichts gem. § 928 BGB die Eintragung in das Grundbuch erforderlich. Der Keller sei auch nicht gemeinschaftliches Eigentum geworden. Denn hierzu bedürfe es der Auflassung durch alle Wohnungseigentümer und der Eintragung in das Grundbuch (Hinweis auf BayObLG, Beschluss v. 7.12.1995, 2Z BR 90/95). Bei den Weiterveräußerungen sei daher das Sondereigentum an dem Keller mit dem Wohnungseigentumsrecht verbunden geblieben.
Hinweis
- Was Gegenstand eines Wohnungseigentums ist, muss sich aus der – gegebenenfalls geänderten – Teilungserklärung und dem Aufteilungsplan ergeben. Danach war der Keller Teil des Wohnungseigentums Nr. 117. Auf das Bestandsverzeichnis kam es nicht an. Im Bestandsverzeichnis ist zwar der Grundstücksbestand verzeichnet. Ferner finden sich dort Angaben über die Herkunft und die Veränderungen des Immobilienbestandes. Das Bestandsverzeichnis ist aber nicht der Ort, zu bestimmen, in wessen Eigentum ein Raum steht. Dies bestimmt die Teilungserklärung gemeinsam mit dem Aufteilungsplan. Tatsächliche Veränderungen sind ebenso wie Buchungsfehler unbeachtlich. Zwar wäre es gegebenenfalls möglich, dass ein fehlerhaft verbuchter Raum von einer Person, die ein Wohnungseigentum erwirbt, gutgläubig erworben wird. Im Fall spielte diese Erwägung aber keine Rolle, da der Raum bei keinem anderen Wohnungseigentum verbucht worden war.
- Wohnungseigentümer können Räume, die in ihrem Sondereigentum stehen, übertragen und/oder tauschen. Materiell-rechtlich bedarf es zur Übertragung einer Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber in Auflassungsform. Der Anspruch kann durch Vormerkung gesichert werden. Einer Änderung des Miteigentumsanteils oder der Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer bedarf es nicht. Der Rechtsübergang bestimmt sich nach § 873 BGB. Werden abgeschlossene Keller oder z. B. Garagen getauscht, bedarf es weder einer neuen Abgeschlossenheitsbescheinigung noch eines neuen Aufteilungsplans; auch einer geänderten Nummerierung bedarf es nicht. In der Regel ist die Zustimmung dinglich Berechtigter erforderlich, es sei denn, das Sondereigentum wird nicht verkleinert oder sonst rechtlich nachteilig beeinträchtigt.
5 Entscheidung
OLG Nürnberg, Beschluss v. 22.3.2021, 15 W 421/21