Leitsatz
Der BGH hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Elternteil den anderen Elternteil in die Pflicht zum Umgang mit dem anderen Kind nehmen kann oder ob das Begehren unmittelbar von dem Kind auszugehen hat.
Sachverhalt
Die Parteien stritten um die Umgangspflicht des Vaters mit seinem am 30.11.2001 geborenen, aus einer nichtehelichen Beziehung mit der Mutter hervorgegangenen Kind. Der Vater war verheiratet und hatte außerdem zwei ehelich geborene Kinder. Die Beziehung der Parteien endete schon vor der Geburt des Kindes im Jahre 2001. Jedenfalls sei August 2002 hatte der Vater keinen Kontakt mehr zu dem Kind und lehnte einen Umgang mit ihm weiterhin nachdrücklich ab.
Die Mutter beantragte, den Vater zu einem regelmäßigen Besuchskontakt mit dem gemeinsamen Kind zu verpflichten.
Das AG hat den Vater mit Beschluss vom 12.4.2006 zum Umgang mit seinem Sohn verpflichtet und die Anbahnung des Umgangs sowie die Begleitung durch eine Familienberatungsstelle im Einzelnen geregelt. Auf die Beschwerde des Vaters hat das OLG den Umgangsantrag der Mutter zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die - vom OLG zugelassene - Rechtsbeschwerde der Mutter.
Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BGH hielt die Rechtsbeschwerde für unbegründet. Das OLG habe ihren Antrag, den Vater zu einem Umgang mit dem gemeinsamen Kind zu verpflichten, im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
§ 1684 Abs. 1 BGB normiere ein subjektives Recht des Kindes auf Umgang mit jedem Elternteil und entsprechend auch die Verpflichtung des Elternteils zum Umgang mit seinem Kind. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sei die Durchsetzung eines fremden materiellen Rechts im eigenen Namen unzulässig, wenn das einzuklagende Recht höchst persönlichen Charakter habe (BGH v. 17.2.1983 - I ZR 194/80 in NJW 1983, 1559).
Die in § 1684 Abs. 1 BGB gesetzlich statuierte Pflicht eines Elternteils zum Umgang mit seinem Kind sah eine zulässige Konkretisierung der den Eltern grundrechtlich zugewiesenen Verantwortung für ihr Kind gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG. Damit habe der Gesetzgeber die Umgangspflicht eines Elternteils als höchst persönliches Recht des Kindes, nicht aber Recht der Mutter ausgestaltet.
Im vorliegenden Rechtsstreit sei die Mutter stets im eigenen Namen aufgetreten. Demzufolge hätten die Gerichte der Vorinstanzen sie persönlich als "Antragstellerin" behandelt. Weil der Mutter das von ihr geltend gemachte Recht auf Umgang des Vaters mit dem gemeinsamen Kind aber nicht persönlich zustehe und sie das höchstpersönliche Recht des Kindes auch nicht in Prozessstandschaft für dieses geltend machen könne, habe das Beschwerdegericht ihren Antrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
Hinweis
Die Entscheidung des BGH liegt auf einer Linie mit dem Urteil des BVerfG zur elterlichen Umgangsverpflichtung und ihrer Durchsetzbarkeit (BVerfG v. 1.4.2008 - 1 BvR 1620/04 in FamRZ 2008, 845).
Danach widerspricht nicht die gerichtliche Anordnung, wohl aber die zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht eines sich gegen den Umgang verweigernden Elternteils dem Kindeswohl. Dies rechtfertige den bereits mit der Androhung von Zwangsmitteln verbundenen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Elternteils daher nicht.
§ 33 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 FGG seien deshalb verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass eine zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht des Elternteils zu unterbleiben hat, sofern es nicht hinreichende Anhaltspunkte dafür gibt, dass der erzwungene Umgang im konkreten Einzelfall dem Kindeswohl dienen wird.
Der BGH sieht das Umgangsrecht als höchst persönliches Recht des Kindes, das nur von diesem selbst gerichtlich geltend gemacht werden kann. Mit dem Ergebnis dieser Entscheidung lässt sich leben. Bei Verfahrenseinleitung muss lediglich hinreichend deutlich gemacht werden, dass der Antrag auf Umgangsregelung von dem betreffenden Elternteil im Namen des Kindes gestellt wird. Besteht zwischen dem vertretenden Elternteil und dem Kind ein Interessenkonflikt, ist für ihn - von Amts wegen - ein Verfahrenspfleger zu bestellen.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 14.05.2008, XII ZB 225/06