Leitsatz

Das OLG Hamm hat sich in dieser Entscheidung eingehend und ausführlich mit den Voraussetzungen für die Anordnung einer Umgangspflegschaft nach § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB auseinandergesetzt.

 

Sachverhalt

Aus der Beziehung der am 17.3.1968 geborenen Kindesmutter, deutsche Staatsangehörige, und dem am 19.1.1962 geborenen Kindesvater, türkischer Staatsangehöriger, war ein am 5.11.2003 geborener Sohn hervorgegangen. Die Beziehung zwischen den Eltern wurde im Mai 2004 beendet. Die Kindesmutter war seit Februar 2008 verheiratet.

Der Kindesvater hatte bis Februar 2004 in der Türkei gelebt und hielt sich seit Juni 2004 dauerhaft in Deutschland auf. Er hatte eine befristete Aufenthaltserlaubnis und beabsichtigte, sich in Deutschland in seinem Beruf als Bauingenieur selbständig zu machen.

Eine gemeinsame Sorgeerklärung hatten die Kindeseltern nicht abgegeben.

Bis Sommer 2007 fanden - nach Art und Umfang zwischen den Eltern streitige - Umgangskontakte statt. Nach dem Abbruch der Umgangskontakte im August 2007 hatten die Kindeseltern am 1.8.2008 vor dem AG eine Umgangsvereinbarung getroffen. Danach sollten begleitete Umgangskontakte - in nicht näher geregeltem Umfang - zwischen Vater und Sohn nach Absprache mit dem Jugendamt stattfinden. Nachdem zwei vereinbarte Umgangstermine von der Kindesmutter abgesagt und die Umgangsregelung in der Folgezeit nicht durchgesetzt werden konnte, stellte der Vater einen Antrag auf Bestellung eines Umgangspflegers zur Durchsetzung der Umgangskontakte. Trotz der Vermittlungsbemühungen des Jugendamtes konnte eine einvernehmliche Regelung nicht getroffen werden. Mit Hilfe des Jugendamtes vereinbarte Umgangstermine wurden von der Kindesmutter abgesagt. Insgesamt fand nur ein begleiteter Umgang zwischen Vater und Sohn am 9.3.2009 in den Räumen des Jugendamtes statt.

Der Kindesvater beantragte daraufhin, der Kindesmutter die elterliche Sorge beschränkt auf die Regelung von Umgangskontakten zwischen Vater und Sohn zu entziehen und einen Ergänzungspfleger zu bestellen.

Die Kindesmutter hat sich gegen den Antrag gewehrt.

Nach Anhörung der Beteiligten und Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Fragen der elterlichen Sorge und der Regelung des Umgangs hat das Familiengericht am 13.11.2009 der Kindesmutter das Recht, über den Umgang des Sohnes mit dem Vater zu entscheiden, und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Zwecke der Besuchskontakte befristet bis Juli 2011 entzogen und eine Umgangspflegschaft angeordnet. Den Umgang hat es derart geregelt, dass Umgangskontakte zwischen Vater und Sohn "möglichst zeitnah" für die Dauer von fünf bis sechs Wochen wöchentlich für jeweils ein bis zwei Stunden begleitet und "danach" für die Dauer eines "ganzen Nachmittags" und "später" für die Dauer "eines ganzen Tages" stattfinden sollten.

Gegen diesen Beschluss wandte sich die Kindesmutter mit der Beschwerde. Das Rechtsmittel erzielte nur einen Teilerfolg.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG lagen die Voraussetzungen für einen Teilentzug der elterlichen Sorge nicht vor. Eine derartige gerichtliche Maßnahme setze gemäß § 1666 Abs. 1 BGB voraus, dass das körperliche, geistige oder seelische Wohl des betroffenen Kindes gefährdet sei und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage seien, die Gefahr abzuwenden. Da der Entzug der elterlichen Sorge ein Eingriff in das durch Art. 6 Abs. 2, Abs. 3 GG geschützte Elternrecht darstelle, sei außerdem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten, wonach ein Entzug oder Teilentzug der elterlichen Sorge nur erfolgen solle, wenn der Gefährdung des betroffenen Kindes nicht durch andere - weniger einschneidende - Maßnahmen sinnvoll begegnet werden könne (vgl. BVerfG NJW 1982, 1379, 1380 f.; FamRZ 2008, 2185, 2186 f.; OLG Frankfurt a/M NJW-RR 2009, 4, 5; Palandt/Diederichsen, BGB, 69 Aufl., § 1666 Rz. 36 m.w.N.).

Vorliegend könne dahingestellt sein, ob eine Gefährdung des Kindes durch ein Verhalten der Kindesmutter gegeben sei, der einen Teilentzug der elterlichen Sorge nach § 1666 Abs. 1 BGB rechtfertige, denn der Gesetzgeber habe mit der neuen Regelung des § 1684 Abs. 3 BGB zum 1.9.2009 eine gesetzliche Regelung geschaffen, die für den Anwendungsbereich dieser Norm den Entzug der elterlichen Sorge zur Durchsetzung von Umgangskontakten aus Gründen der Verhältnismäßigkeit entbehrlich mache.

Danach könne das Gericht, wenn ein Elterteil seine nach § 1684 Abs. 2 BGB bestehende Verpflichtung, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtige oder die Erziehung erschwere, dauerhaft oder wiederholt verletze, zur Durchführung des Umgangs einen Umgangspfleger bestellen.

Die Vorschrift des § 1684 Abs. 3 BGB sei auch auf die Regelung des Umgangs des Sohnes mit seinem Vater anwendbar, denn eine dem Art. 111 FGG-RG entsprechende Übergangsvorschrift existiere für das materielle Recht nicht.

Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Umgangspflegers nach § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB lagen nach Auffassung des OLG vor.

Im Übrigen stelle die Möglichkeit ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge