Leitsatz

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war die Frage, ob einer Lebenspartnerin ein Umgangsrecht mit dem Kind der anderen Lebenspartnerin zusteht.

 

Sachverhalt

Die Antragstellerin, geboren im Jahre 1958, und die Antragsgegnerin, geboren im Jahre 1969, hatten im April 2005 eine Lebenspartnerschaft begründet. Aufgrund gemeinsamen Entschlusses der Lebenspartnerinnen gebar die Antragsgegnerin nach Insemination einer Samenspende eines befreundeten Mannes am 12.7.2006 das Kind Y. Der Vater hat die Vaterschaft - wie zuvor verabredet - nicht anerkannt. Das Kind wuchs in der Lebenspartnerschaft auf, bis die Lebenspartnerinnen sich im Juli 2009 nach heftigen, teilweise körperlichen Auseinandersetzungen trennten. Die Antragstellerin hatte bereits drei große Kinder.

Die Antragstellerin begehrte Umgang mit dem aus der Lebenspartnerschaft hervorgegangenen Kind wöchentlich von Freitag 13.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr.

Das AG hat den Antrag abgelehnt. Die Antragstellerin beantragte daraufhin Verfahrenskostenhilfe für die von ihr beabsichtigte Beschwerde.

Ihr Antrag wurde vom OLG abgelehnt.

 

Entscheidung

Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, dass das Umgangsrecht der Antragstellerin nicht aus § 1684 BGB, sondern aus § 1685 BGB folge. Ebenfalls zu Recht habe das AG festgestellt, dass ein Umgang der Antragstellerin mit Y. derzeit nicht dem Kindeswohl diene. Es bedürfe somit keiner Entscheidung, ob der Umgang das Kindeswohl gefährden würde; die Stellungnahme des Verfahrensbeistandes lege dies ansatzweise nahe. Hierauf komme es jedoch im Ergebnis nicht an. Das OLG folgte der Auffassung des AG, das den Umgangsanspruch der Antragstellerin zu Recht gemäß § 1685 BGB beurteilt und hierauf aufbauend zutreffend festgestellt habe, dass der Umgang der Antragstellerin mit Y. dem Kindeswohl nicht diene (s.a. Palandt/Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl., § 9 LPartG, Rz. 4). § 1684 BGB gelte nach seinem Wortlaut zunächst für Eltern, d.h. für Mutter und Vater eines Kindes. Mutter eines Kindes sei gemäß § 1591 BGB die Frau, die es geboren habe. Vater eines Kindes sei gemäß § 1592 BGB immer ein Mann. Die Antragstellerin sei vorliegend weder Mutter noch Vater. Andere Personen als Eltern fielen nicht unter § 1684 BGB (BVerfG FamRZ 2003, 816, Rz. 117).

§ 1684 BGB sei auf die vorliegende Konstellation auch nicht analog anzuwenden, weil eine Regelungslücke nicht vorliege.

Der Gesetzgeber habe bewusst darauf verzichtet, Lebenspartnerinnen die Möglichkeit einzuräumen, bei der Geburt eines Kindes automatisch gemeinsam Eltern zu werden. In § 9 Abs. 7 LPartG habe der Gesetzgeber stattdessen die Möglichkeit der Stiefkindadoption geschaffen, um die Elternschaft der Lebenspartnerinnen herbeizuführen. Er habe sich damit bewusst gegen eine automatische Elternschaft entschieden.

Ebenso bewusst habe der Gesetzgeber darauf verzichtet, Lebenspartnerinnen die Möglichkeit einzuräumen, bei der Geburt eines Kindes automatisch die gemeinsame elterliche Sorge zu erlangen. Bis zur Stiefkindadoption habe der andere Lebenspartner die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes. Eine Lücke in dem Sinne, der Gesetzgeber könnte stattdessen für diese Konstellation die gemeinsame elterliche Sorge vorgesehen haben, liege danach nicht vor.

Diese gesetzgeberischen Entscheidungen verböten eine Gleichstellung der Lebenspartnerin einer biologischen Mutter mit einem Vater bzw. einem Elternteil. § 1684 BGB knüpfe an die Elternschaft an, die grundsätzlich von der biologischen Elternschaft abhänge. Für eine lediglich an die soziale Herkunft anknüpfende Situation sei § 1685 BGB passgenauer.

Insgesamt habe das AG zu Recht gemäß § 1685 BGB festgestellt, dass Umgang der Antragstellerin mit Y. nicht dem Kindeswohl diene. Auf die Frage, ob der Vater in Y.s Leben präsent sei, komme es daneben nicht an.

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.11.2010, 5 UF 217/10

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