Leitsatz
Die Großmutter eines im Jahre 1999 geborenen Kindes begehrte ein Umgangsrecht mit ihrem Enkelkind, zu dem sie ab Oktober des Jahres 2005 bis Oktober des Jahres 2007 regelmäßigen Umgang in der Weise hatte, dass das Kind zweimal im Monat bei ihr war und dort auch übernachtete. Nach dem letzten Kontakt Ende Oktober 2007 äußerte das Kind den Wunsch, keinen Kontakt mehr zu seiner Großmutter haben zu wollen.
Das OLG Hamm hat sich in seiner Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, wo das Umgangsrecht der Großeltern gemäß § 1685 Abs. 1 BGB seine Grenzen findet.
Sachverhalt
Die Antragsgegnerin war mit dem Sohn der Antragstellerin verheiratet und hatte mit ihm bis zum Jahre 2001 zusammengelebt. Aus dieser Ehe waren die Kinder K, geboren im Jahre 1997, und K2, geboren im Jahre 1999, hervorgegangen. Die Antragsgegnerin war nach der Scheidung von dem Sohn der Antragstellerin eine neue Ehe eingegangen. Aus dieser Ehe waren zwei weitere in den Jahren 2002 und 2004 geborene Kinder hervorgegangen. Auch diese Ehe war gescheitert. Die Antragsgegnerin lebte seit August 2004 mit ihren vier Kindern und einem neuen Partner zusammen.
Nach der Geburt von K2 hatte die Antragstellerin zunächst regelmäßigen Kontakt zu ihrer Enkeltochter. Nachdem sich ihr Sohn von der Antragsgegnerin getrennt hatte, fand zunächst kein Kontakt mehr statt. Dem Sohn der Antragstellerin war vorgeworfen worden, K2 sexuell missbraucht zu haben. Ein gegen ihn eingeleitetes Strafverfahren wurde eingestellt. Ab Oktober des Jahres 2005 fand dann wieder regelmäßiger Kontakt zwischen der Großmutter und K2 statt. Das Kind war zweimal im Monat bei seiner Großmutter und übernachtete auch dort. Der letzte Umgangskontakt erfolgte am 27. und 28.10.2007. Nach diesem Kontakt äußerte K2 den Wunsch, keinen Kontakt mehr zu seiner Großmutter haben zu wollen.
Die Antragstellerin hat beantragt, ihr ein Umgangsrecht mit ihrem Enkelkind in der Weise zu bewilligen, dass K2 alle zwei Wochen von samstags 10.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr mit seiner Großmutter verbringen kann.
Gegen diesen Antrag wehrte sich die Antragsgegnerin.
Das AG hat nach Anhörung von K2 und den Beteiligten sowie nach Einholung eines familienpsychologischen Gutachten den Umgang der Antragstellerin mit ihrem Enkelkind K2 für zwei Jahre bis zum 31.3.2011 ausgeschlossen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Umgang mit der Großmutter mit dem Wohl des Kindes nicht vereinbar sei.
Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG war das AG zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 1685 Abs. 1 BGB nicht vorlägen. Großeltern hätten ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dies dessen Wohl diene.
Das Kind habe deutlich zu erkennen gegeben, dass es keinen Umgang zur Großmutter wünsche. Dieser Wille sei nachvollziehbar und ernst zu nehmen. Dies habe auch die Sachverständige überzeugend in ihrem Gutachten dargestellt. Sie habe auch dargelegt, warum K2 einen solchen Kontakt nicht mehr wolle. Sie befürchte, dass die Großmutter versuchen werde, den Kontakt zu ihrem Vater wieder herzustellen. Dies habe die Antragstellerin auch selbst ggü. der Sachverständigen eingeräumt. Es sei nachvollziehbar, dass die Antragstellerin versuche, ihren Sohn von allen Vorwürfen zu befreien. Sie selbst sei davon überzeugt, dass die Kindesmutter krank sei. Sie werde alles tun, um dies zu beweisen. Die Sachverständige habe überzeugend ausgeführt, dass die Antragstellerin besetzt sei von ihrer Ablehnung ggü. der Kindesmutter. Hieraus folge mit großer Wahrscheinlichkeit, dass sie die Abwertungen ggü. der Kindesmutter auch ggü. K2 deutlich machen werde.
Das Umgangsrecht der Großeltern gemäß § 1685 Abs. 1 BGB habe dort seine Grenzen, wo aufgrund einer Zerrüttung des persönlichen Verhältnisses zwischen den Großeltern und den Eltern Loyalitätskonflikte bei den Kindern ausgelöst werden könnten (OLG Hamm FamRZ 2005, 2012).
Angesichts des tiefen Zerwürfnisses des persönlichen Verhältnisses zwischen der Kindesmutter und der Großmutter wäre K2 einem beträchtlichen Spannungsverhältnis hilflos ausgeliefert, was ihrer Entwicklung nicht förderlich wäre und zu belastenden Loyalitätskonflikten führen könnte.
Es komme hierbei nicht darauf hin, ob eine der Parteien das Spannungsverhältnis mehr oder weniger verursacht habe. Anhaltspunkte dafür, dass das Spannungsverhältnis allein von der Kindesmutter provoziert worden sei, beständen nicht.
Die Antragstellerin habe bis zu dem von dem AG bestimmten Zeitpunkt den Wunsch ihrer Enkelin auf Ausschluss der Kontakte zu respektieren.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 15.09.2009, 11 UF 108/09