Dr. Klaus-Peter Horndasch
"Wenn Du um etwas streitest, streite so, / dass Du nicht das versehrst, worum ihr streitet", heißt es. Dieser kluge Satz wird immer wieder missachtet, wenn es um den Umgang eines Kindes mit seinem nicht mit ihm zusammen lebenden Elternteil geht. Dabei soll Umgang dem Kindeswohl dienen, ihm nicht abträglich sein. Streit der Eltern um die Ausgestaltung des Umgangs mit dem Kind bewirkt das Gegenteil. Streitbereite Eltern werden vor allem in besonderen Umgangssituationen Möglichkeiten sehen, unterschiedliche Auffassungen zu kultivieren und Gegensätze zuzuspitzen. Um das Kind unter den Auswirkungen solcher "Streitkultur" nicht leiden zu lassen, ist es notwendig, in familiengerichtlichen Beschlüssen (§ 38 FamFG), in außergerichtlichen und gerichtlich gebilligten Vereinbarungen (§ 156 Abs. 2 FamFG) die besonderen Umgangssituationen möglichst vollständig zu erfassen und sie – konkret ausgestaltet – in eine Regelung einzubeziehen.
4.1 Streit als Gefährdung des Kindeswohls
Generell stellen Konflikte zwischen Mutter und Vater einen entscheidenden Risikofaktor für die Entwicklung eines Kindes dar. Dies gilt für zusammenlebende Familien ebenso wie für Trennungsfamilien. Mit der Trennung der Eltern ist aber regelmäßig ein – nicht zu bewältigender – Konflikt zwischen den Eltern verbunden, der zwar mit dem Kind nicht zusammenhängt, aber häufig genug über das Kind ausgetragen wird oder mindestens auf ihn ausstrahlt. Elterliche Konflikte werden fortgesetzt und leider häufig über Fragen des Umgangs ausgetragen.
Dies zu verhindern ist eigentlich eine wesentliche Aufgabe der Eltern in der Verantwortung für das Kind. Manchen Eltern fehlt allerdings gerade in der Situation nach Trennung/Scheidung schlicht die Kompetenz, die Empathie oder das Engagement, sich gegenseitig in der Erziehung und Entwicklung der Kinder ergänzen und unterstützen zu können. Manche Eltern arbeiten darüber hinaus bewusst oder unbewusst gezielt gegeneinander und damit gegen das Kindeswohl.
Die Möglichkeiten des Streits zu Lasten des Kindes werden umso größer sein, je weniger konkret das Umgangsrecht des Kindes mit dem mit ihm nicht zusammenlebenden Elternteil ausgestaltet und vereinbart ist. Umgekehrt wird aber auch eine sehr dezidiert gestaltete Umgangsregelung nicht verhindern können, dass Streit um den Einzelfall entbrennt. So hatte das OLG Brandenburg eine alle denkbare Einzelheiten umfassende Regelung zwischen streitenden Eltern getroffen, die sogar "Umfang zu besonderen Anlässen, nämlich Geburtstag der Kinder, Geburtstag des Vaters und wichtige Ereignisse für die Kinder, an denen üblicherweise die Eltern teilnehmen, wie z. B. musikalische Aufführungen, Schulfeiern, Sportwettkämpfe" einbezog. Bei diesen Ereignissen sei der Vater zur Umgangsausübung berechtigt. Eine vom Vater gewünschte weitere Ausdehnung auf zusätzliche "besondere Ereignisse" lehnte das OLG Brandenburg sodann allerdings mit der – resignierenden – Begründung ab, dies hätte "voraussichtlich nur zu erneuten Auseinandersetzungen geführt".
Die Frage, wie weit die konkrete Ausgestaltung des Umgangs reichen sollte, wird aber unabhängig davon bereits vom Alter des Kindes abhängig sein. So wird eine Laissez-Faire-Haltung, das Kind entscheiden zu lassen, wann und ob es den mit ihm nicht zusammenlebenden Elternteil sehen will, bei einem 16-jährigen Kind möglich sein, nicht aber im Alter von 6 Jahren. So wird umgekehrt eine exakte Bestimmung der Umgangszeiten für ein ganzes Kalenderjahr bei Sechsjährigen angemessen sein, nicht aber bei Sechzehnjährigen.
Es wird daher letztlich im Einzelfall zu bedenken sein, wie mit besonderen Anlässen und Ereignissen zu verfahren ist, um dem möglichen Streitpotential zu begegnen.
4.2 Streit um Zeiteinteilung und Ausgestaltung
4.2.1 Grundsätze
"Freizeit-Papa, Alltags-Mama" sind die gängigen Klagen, wenn es um die Ausgestaltung des elterlichen Umgangsrechts geht. Umgekehrt wird der Vorwurf erhoben, der den Umgang ausübende Elternteil kümmere sich während dieser Zeit nicht um das Kind ("es sitzt vor dem Fernseher/wird zu Oma abgeschoben").
Grundsätzlich trifft der Umgangsberechtigte, während das Kind sich bei ihm befindet, die Alltagsentscheidungen, also alle Entscheidungen, die nicht von erheblicher Bedeutung sind. Er entscheidet deshalb auch darüber, wo sich das Kind aufhält, mit wem es Kontakt hat etc. Die Möglichkeit des anderen Elternteils, an den Besuchen teilzunehmen, wird von der Rechtsprechung ebenso zurückhaltend angenommen wie der Ausschlusses bestimmten Kontaktes ("nicht mit seiner Freundin") nur ausnahmsweise und ggf. vorübergehend angeordnet wird. Selbst der Umgang mit einem Säugling ist nur ausnahmsweise und vorübergehend in der Wohnung des anderen Elternteils auszuüben.
"Alle 14 Tage sind viel zu wenig" und umgekehrt "das Kind wird hin und her gerissen" sind die gängigen Klagen, wenn es um die zeitliche Einteilung geht.
Eltern stellen dabei häufig nicht das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen, sondern agieren aufgrund ihrer Spannungen gegenüber dem anderen Elternteil. Dies verbie...