Dr. Klaus-Peter Horndasch
7.3.1 Grundsätze
Zu den Kindschaftssachen zählt gemäß § 151 Nr. 3 FamFG auch der gesamte Bereich der Kindesherausgabe. Hierzu gehört nicht nur die Herausgabe eines Kindes an einen Elternteil gemäß § 1632 BGB. Ebenso sind hier die Verfahren einzuordnen, bei denen es um den Verbleib eines Kindes in der Familienpflege geht, oder aber die Herausgabe an einen Pfleger betroffen ist.
Steht im Verhältnis der Eltern untereinander der antragstellenden Partei das alleinige Sorgerecht zu oder ist ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen worden, ist der betreffende Elternteil in jedem Fall berechtigt, auch das Verfahren zur Herausgabe des Kindes einzuleiten. Bei gemeinsamer Sorge ist für das Herausgabeverlangen eines Elternteils gegen den anderen Elternteil ausschließlich das Kindeswohl entscheidend.
Mit der sog. Verbleibensanordnung gemäß § 1632 Abs. 4 BGB wird einer Vorenthaltung des Kindes durch eine Pflegeperson die Widerrechtlichkeit genommen. Es soll damit verhindert werden, dass Kinder, die sich schon seit längerer Zeit in Dauerpflege bei dritten Personen befinden, durch Herausgabeverlangen der Eltern zur "Unzeit" in ihrer Entwicklung gefährdet werden.
7.3.2 Rechtsmittel, Vollstreckung
Einstweilige Anordnungen auch im Zusammenhang mit der Kindesherausgabe sind – da FGG-Familiensache – gemäß §§ 49 ff. FamFG möglich. Sie sind dann zulässig, wenn zur Abwendung der dem Kind drohenden Gefahr eine solche einstweilige Maßnahme erforderlich ist. Gegen Entscheidungen des Familiengerichts betreffend die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil wie auch über einen Antrag auf Verbleiben eines Kindes bei einer Pflege- und Bezugsperson gewährt das Gesetz in diesen Ausnahmefällen das sofortige Beschwerderecht gemäß § 57 Nr. 1, 2 und 3 i. V. m. § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG.
Für die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung auf Herausgabe verweist § 89 FamFG auf die Ordnungsmittel gem. § 89 FamFG, wonach das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen kann (beide Anordnung ergehen durch Beschluss (§ 89 Abs. 1 Satz 3 FamFG).
In § 90 Abs. 2 Satz 1 FamFG ausdrücklich festgehalten, dass unmittelbarer Zwang gegen ein Kind nicht zugelassen werden darf, wenn das Kind herausgegeben werden soll, um das Umgangsrecht auszuüben. Dem umgangsberechtigten Elternteil verbleibt also neben dem weiteren Verfahren auf Aufhebung des gemeinsamen Sorgerechts und Übertragung des alleinigen Sorgerechts dann unter Umständen, im Verfahren selbst bei Scheitern eines Einvernehmens auf § 156 FamFG hinzuweisen.
7.3.3 Der Antrag zur Kindesherausgabe
Muster (Einstweilige Anordnung auf Kindesherausgabe)
An das Amtsgericht – Familiengericht –
Bitte sofort vorlegen!
Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
des Herrn
– Antragstellers –
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte
gegen
Frau
– Antragsgegnerin –
wegen: Herausgabe eines Kindes
Wir bestellen uns unter Vorlage beigefügter Vollmacht zu Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers.
Wir stellen den Antrag,
- der Antragsgegnerin aufzugeben, das gemeinsame Kind der Parteien , geboren am , an den Antragsteller herauszugeben;
- für den Fall der Verweigerung bzw. Zuwiderhandlung wird unmittelbarer Zwang gemäß den §§ 35, 89 FamFG angedroht;
- durch gesonderten Beschluss des Gerichts einen zu bestimmenden Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung zu beauftragen und ihn zu ermächtigen, die Anordnung notfalls unter Hinzuziehung von Polizeibeamten unter Anwendung von Gewalt durchzusetzen, wobei dem Gerichtsvollzieher auch gestattet ist, die Wohnung der Antragsgegnerin zu durchsuchen.
Begründung
Die Beteiligten sind Eheleute. Der Antragsteller ist deutscher Staatsangehöriger. Die Antragsgegnerin besitzt die türkische Staatsangehörigkeit.
Aus der Ehe ist der gemeinsame Sohn , geboren am , hervorgegangen.
Beide Beteiligte leben seit dem getrennt. Zwischen ihnen ist ein Scheidungsverfahren unter dem Az. beim erkennenden Gericht anhängig.
Die elterliche Sorge steht bislang beiden Eltern zu.
Das Kind, welches sich nach der Trennung der Parteien im Haushalt des Vaters aufgehalten hat und von ihm versorgt wurde, kehrte nach Ausübung eines Umgangsrechts nicht mehr in den Haushalt des Vaters am zurück. Auch die Aufforderung, die Antragstellerin möge das Kind zurückbringen, hat sie unbeachtet gelassen.
Abgesehen davon, dass nach der Absprache der Parteien das gemeinsame Kind wieder zum Vater in den Haushalt zurückkehren sollte, die Antragsgegnerin sich also abredewidrig verhalten hat, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen A...