Dr. Klaus-Peter Horndasch
7.3.4.1 Rechtliche Grundlagen
Gemäß Artikel 1 des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKÜ, BGBl II 1990, 206), insoweit verbunden mit dem Europäischen Übereinkommen vom 20.5.1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechtsverhältnisses in Verbindung mit dem hierzu ergangenen Ausführungsgesetz (SorgRÜbkAG), werden unter den Vertragsstaaten des Abkommens bestimmte Regeln über die Rückgabe von Kindern aufgestellt, welche unter Verletzung einer Sorgerechtsentscheidung in ein anderes Land verbracht oder von dort nicht zurückgebracht werden.
Für die Entscheidung über einen Antrag, Anordnung und Zurückgabe eines Kindes zu treffen, ist nach § 5 SorgRÜbkAG (BGBl II 1990, 220) das Familiengericht örtlich zuständig, in dessen Bereich sich das Kind zur Zeit des Antragseingangs aufhält oder in dessen Bezirk (Gerichtsbezirk) ein Bedürfnis der Fürsorge besteht.
Nach § 6 Abs. 1 SorgRÜbkAG handelt es sich – auch für nichteheliche Kinder – um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Innerhalb dieses Verfahrens kann das zur Entscheidung berufene Gericht eine einstweilige Anordnung nach § 6 Abs. 2 SorgRÜbkAG treffen, deren Inhalt sich allerdings nicht auf die Herausgabe des Kindes selbst, sondern nur auf vorläufige Maßnahmen zur Sicherstellung des künftigen Rückführungsanspruchs oder zur Abwehr von Gefahrmaßnahmen etwa hinsichtlich der Behandlung des betroffenen Kindes durch Ärzte im Krankenhaus etc. beziehen darf.
Da regelmäßig die einstweilige Anordnung im Ausland vollstreckt werden soll, ist auch die vorläufige Entscheidung des Gerichts zu begründen und entgegen § 53 FamFG wegen einer möglichen Vollstreckung im Ausland mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen.
Die vorläufige Entscheidung des Gerichts ist gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 SorgRÜbkAG unanfechtbar. Es ist im Verfahren darauf zu achten, dass seitens des Gerichts gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SorgRÜbkAG die sofortige Vollziehung angeordnet wird.
Gem. der EG-Verordnung Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 (EheVO II) über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (unter Aufhebung der Verordnung EG Nr. 1347/2000) sind für die Rechtsbeziehungen zwischen EU-Mitgliedstaaten zwischenzeitlich die Regelungen in Artikel 10, 11 EheVO II vorrangig, welche die Regelungen über die Kindesrückgabe in den Artikeln 12, 13 HKÜ modifizieren.
Abschnitt 2 "elterliche Verantwortung" regelt und modifiziert zwischen den EU-Mitgliedstaaten in Artikel 10 EheVo II die Zuständigkeit in Fällen von Kindesentführung, in Artikel 11 EheVO II die Einzelheiten zur Rückgabe des Kindes.
7.3.4.2 Muster: Einstweilige Anordnung bei Kindesentführung im Ausland
Muster: Einstweilige Anordnung bei Kindesentführung ins Ausland
im Wege der einstweiligen Anordnung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – ergeht die Entscheidung:
Die sofortige Herausgabe des gemeinsamen ehelichen Kindes , geboren am , an den Antragsteller wird angeordnet.
Gem. §§ 35, 89, 90 FamFG ergeht folgende Anordnung unmittelbaren Zwanges: Bei Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung zur Kindesherausgabe wird das zuständige Vollstreckungsorgan beauftragt, das Kind ..., geboren am ... unter Hinzuziehung von Polizeibeamten unter Anwendung von Gewalt aus dem Haushalt des Antragsgegners herauszuholen.
Begründung
Statustatsachen, insbesondere in der Sachverhaltsschilderung zur Wegnahme des Kindes ist der gesamte Sachverhalt ausführlich darzulegen und auch die absolute Eilbedürftigkeit der Maßnahme dem Gericht sorgfältig darzulegen und zu begründen. Insbesondere ist die Verweigerungshaltung des anderen Elternteils darzulegen auch insoweit, wie sich der andere Elternteil über die Rechte des antragstellenden Elternteils hinweggesetzt hat. Die Darstellung ist glaubhaft zu machen durch eidesstattliche Erklärung der antragstellenden Partei, ggf. weiterer dritter Personen, welche zur Verweigerungshaltung des anderen Elternteils Aussagen treffen können, insbesondere aber auch zur bisherigen Lebenssituation des Kindes, aus welcher der andere Elternteil ohne entsprechende Absprache oder Einvernehmen das Kind entfernt hat.
Der vom Gericht erlassene Beschluss ist in beglaubigter Übersetzung an das Bundesamt für Justiz als hierfür zuständige zentrale Behörde zu richten und das in diesen Fällen vorgesehene Muster "Antrag auf Rückgabe" auszufüllen und nebst beglaubigter Übersetzung nach dorthin zu senden.