Leitsatz
Aus der seit dem Jahre 2004 rechtskräftig geschiedenen Ehe der deutschen Mutter und des jugoslawischen Vaters war ein im April 1998 geborener Sohn R. hervorgegangen, der anlässlich der Trennung der Eltern im Dezember 2002 bei der Mutter wohnhaft blieb, seit Ende Juli 2009 jedoch bei seinem Vater lebte, der wiederverheiratet war und aus dieser Ehe drei Kinder hatte.
Das Familiengericht übertrug dem Vater zunächst vorläufig und sodann - nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - mit Beschluss vom 18.12.2009 endgültig das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Sohn. Im Übrigen hielt es die gemeinsame elterliche Sorge für ihn aufrecht.
In dem vorliegenden Umgangsverfahren, das vom Familiengericht von Amts wegen eingeleitet wurde, wurde zunächst für die Dauer von drei Monaten in allseitigem Einverständnis eine Umgangspflegschaft angeordnet und ein Dipl.-Sozialpädagoge zum Umgangspfleger bestellt. Unter dessen Mitwirkung kamen zwischen dem Sohn und der Mutter zwei Umgangstermine zustande, ein dritter Umgang scheiterte.
Im Termin vor dem Familiengericht am 20.4.2010 haben die Eltern einen Zwischenvergleich geschlossen, indem der Mutter ein Umgang alle 14 Tage sonntags von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr eingeräumt wurde. Auch dieser Umgang fand nur zweimal statt.
Nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens hat das Familiengericht das Umgangsrecht der Mutter mit dem Sohn R. mit Beschluss für die Dauer eines Jahres ausgesetzt und den Vater verpflichtet, der Mutter vierteljährlich einen Entwicklungsbericht des Kindes sowie aktuelle Fotos von diesem zu übersenden.
Hiergegen wandte sich die Mutter mit der Beschwerde.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, das aus seiner Sicht das Umgangsrecht der Mutter zu Recht auf der Grundlage von § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB für die Dauer eines Jahres ausgeschlossen habe.
Könnten sich Eltern über die Ausübung des Umgangsrechts nicht einigen, hätten die Gerichte eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigen müsse. Die Gerichte müssten sich im Einzelfall um eine Konkordanz der verschiedenen Grundrechte bemühen. Eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangsrechts sei nur veranlasst, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordere, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 1622; 2009, 399; BGH FamRZ 1994, 158; OLG Saarbrücken vom 12.7.2010 - 6 UF 32/10 -, juris, m.w.N.).
Letzteres setze eine gegenwärtige Gefahr in einem solchen Maße voraus, dass sich bei ihrer weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lasse (vgl. dazu BVerfG FamRZ 2009, 1472; OLG Saarbrücken vom 16.2.2010 - 6 UF 96/09 -, FamRZ 2010, 1746 m.w.N.).
Allerdings gebiete das Elternrecht auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten stets die Prüfung, ob als - im Vergleich zu einem Ausschluss des Umgangsrechts - milderes Mittel ein begleiteter Umgang des Kindes mit dem umgangsberechtigten Elternteil in Betracht komme. Zwecks Herstellung eines angemessenen Ausgleichs der Grundrechte des Umgangsberechtigten und des Kindes müssten auch gewisse Belastungen für das Kind in Kauf genommen werden, solange diese vom Umgangsbegleiter noch in - auch angesichts des letztentscheidenden Kindeswohls - vertretbarer Weise während der Umgangskontakte und - erforderlichenfalls - in deren Vor- und Nachbereitung aufgefangen werden könnten (vgl. BVerfG FuR 2008, 338 m.w.N.; vgl. auch BGH FamRZ 1994, 158 m.w.N.; OLG Saarbrücken vom 12.7.2010 - 6 UF 32/10 -, juris, m.w.N.).
Ein vom Kind aufgrund seines persönlichen Empfindens und seiner eigenen Meinung geäußerter Wille müsse als Ausübung seines Rechts auf Selbstbestimmung bei der gerichtlichen Entscheidung hinreichend Berücksichtigung finden. Habe der Kindeswille bei einem Kleinkind noch eher geringes Gewicht, so komme ihm mit zunehmenden Alter und Einsichtsfähigkeit vermehrt Bedeutung zu. Nur dadurch, dass der wachsenden Fähigkeit eines Kindes zu eigener Willensbildung und selbständigem Handeln Rechnung getragen werde, könne das auch mit dem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG verfolgte Ziel, dass ein Kind sich durch Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit entwickeln könne, erreicht werden.
Nach Auffassung des OLG hielt die Entscheidung des AG den verfassungs- und einfachrechtlichen Maßstäben stand.
In Ansehung der aktenersichtlichen und vom Familiengericht anschaulich beschriebenen Entwicklung der Haltung des Kindes zu seiner Mutter kam auch das OLG zu der Auffassung, dass die im Vergleich zu einem Umgangsausschluss in Betracht kommenden Alternativen einer Umgangsregelung - begleitet oder unbegleitet - das Wohl des Kindes gefährden würde, weil sie zwangsweise durchgesetzt werden ...