Kommentar
In dem Fall hatte ein Unternehmer einen mit Vorsteuerabzug erworbenen Pkw auch privat genutzt. Das Finanzamt hatte in die Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG die anteilige Abschreibung des Pkw und die anteiligen Kosten seiner Nutzung und Wartung einbezogen. Zu diesen Kosten gehörten auch die anteilige Garagenmiete, Kraftfahrzeugsteuer, Versicherung und Parkgebühren, also auch Kosten, die nicht mit Vorsteuern belastet sind. Streitig war, ob diese Kosten in Anwendung von Artikel 6 Abs. 2 der 6. EG-Richtline in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden durften. Nach Artikel 6 Abs 2 der 6. EG-Richtline wird die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes für den privaten Bedarf des Unternehmers einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt, wenn der Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat.
Der EuGH hat entschieden, daß nach dieser Richtlinienvorschrift bei der Bemessung des Verwendungseigenverbrauchs die Kosten auszuscheiden sind, die dem Unternehmer ohne die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs entstanden sind. Das gilt auch dann, wenn für den verwendeten Gegenstand selbst bei dessen Anschaffung ein Vorsteuerabzug möglich war.
Das Urteil korrespondiert mit der EuGH-Entscheidung vom 27.6.1989, 50/88 (Heinz Kühne). Aufgrund dieses EuGH-Urteils war mit BMF-Schreiben vom 29.12.1989 (BStBl. I 1990, 35) geregelt worden, daß die Abschreibung eines auch privat genutzten Pkw nicht als Verwendungseigenverbrauch besteuert werden kann, wenn der Pkw bei seiner Anschaffung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Weitere Folgen wollte das BMF-Schreiben aus dem Urteil nicht ziehen. Insbesondere sollte nicht hergeleitet werden können, daß andere Kosten im Sinne von § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG (z.B. die anteiligen Kosten für die steuerbefreite Vermietung einer Garage, die anteiligen Versicherungsprämien oder die anteilige Kfz-Steuer), für die kein Recht zum Vorsteuerabzug bestehen kann, aus der Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch auszusondern seien.
Diese Position der Finanzverwaltung konnte aber nach dem EuGH-Urteil vom 25.5.1993 nicht mehr aufrecht erhalten werden. So ist denn auch mit BMF-Schreiben vom 28.9.1993 (BStBl. I 1993, 912) bestimmt worden, daß aus der Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG und für die entsprechenden sonstigen Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b und Nr. 3 UStG solche Kosten auszuscheiden sind, bei denen kein Vorsteuerabzug möglich ist.
In einem weiteren BMF-Schreiben vom 13.5.1994 (BStBl. I 1994, 298) ist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH für die Entnahme geregelt worden, daß die Entnahme eines Gegenstandes (z.B. Kraftfahrzeug) nicht der Umsatzsteuer unterliegt, wenn ein Vorsteuerabzug weder für den Gegenstand selbst noch die später darin eingegangenen Bestandteile möglich war. War der Vorsteuerabzug für einen Bestandteil möglich, unterliegt die Entnahme des Gegenstandes insgesamt der Umsatzsteuer. Die Entnahmeeigenverbrauchsbesteuerung unterbleibt aus Vereinfachungsgründen, wenn die Aufwendungen an dem entnommenen Gegenstand 20 % seiner ursprünglichen Anschaffungskosten nicht übersteigen.
Die Frage, was ein Bestandteil eines Gegenstandes im Sinne des Artikels 5 Abs. 6 bzw. 6 Abs. 2 der 6. EG-Richtline ist, hat der EuGH noch nicht geklärt. Der Begriff des Bestandteils bzw. die damit verbundene Besteuerung der Entnahme eines Gegenstandes kann auf unterschiedliche Weise ausgelegt werden:
- Die Besteuerung der Entnahme eines Gegenstandes geht davon aus, daß die Besteuerung mit dem Gesamtwert des entnommenen Gegenstandes zu erfolgen hat, wenn für einen nachträglich in den Gegenstand eingefügten Bestandteil oder den Gegenstand selbst der Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden konnte (so o.g. BMF-Schreiben).
- Wenn der Steuerpflichtige einen Bestandteil mit der Berechtigung zum Vorsteuerabzug erworben hat und diesen Bestandteil mit einem Gegenstand verbindet, für dessen Erwerb keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestanden hat, erfaßt die Besteuerung nach Artikel 5 Abs. 6 der 6. EG-Richtline zwar auch die Entnahme des Bestandteils, aber nicht die Entnahme des gesamten Gegenstands, in den dieser Bestandteil eingegangen ist. Die Besteuerungsgrundlage des Artikels 11 der 6. EG-Richtline schließt somit nur den Einkaufspreis für den Bestandteil ein.
- Die Wendung „wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt haben” bezieht sich nur auf den Erwerbsvorgang, d.h. nur auf den Sachverhalt, daß der Unternehmer Bestandteile erwirbt, aus denen er den Betriebsgegenstand zusammensetzt.
Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber im Rahmen der noch ausstehenden Neuregelung der Eigenverbrauchsbesteuerung insoweit Abgrenzungskriterien findet. Gemessen an der EuGH-Rechtsprechung und der Systematik der 6. EG-Richtline dürfte ...