Leitsatz
1. Der maßgebliche Zeitpunkt für die rechtliche Einordnung der Dienstleistungen, die ein Wirtschaftsteilnehmer wie die Rechtsmittelführerin des Ausgangsverfahrens im Rahmen eines Systems wie des im Ausgangsverfahren fraglichen "Optionen"-Programms erbringt, ist der Zeitpunkt, zu dem ein Kunde, der an diesem System teilnimmt, die Rechte, die er ursprünglich erworben hat, in eine von diesem Wirtschaftsteilnehmer angebotene Dienstleistung umwandelt. Werden diese Rechte in eine Gewährung von Unterkunft in einem Hotel oder in das Recht zur vorübergehenden Nutzung einer Wohnanlage umgewandelt, sind diese Leistungen Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL, die an dem Ort ausgeführt werden, an dem dieses Hotel oder diese Wohnanlage gelegen ist.
2. Wandelt der Kunde in einem System wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen "Optionen"-Programm seine ursprünglich erworbenen Rechte in ein Recht zur vorübergehenden Nutzung einer Wohnanlage um, stellt die betreffende Dienstleistung eine Vermietung eines Grundstücks im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL dar, dem gegenwärtig Art. 135 Abs. 1 Buchst. l der MwStSystRL entspricht. Diese Vorschrift hindert die Mitgliedstaaten jedoch nicht daran, diese Leistung von der Steuerbefreiung auszunehmen.
Normenkette
Art. 9 Abs. 2, Art. 13 Teil B Buchst. b, Art. 45 der 6. EG-RL, Art. 135 Abs. 1 Buchst. 1 MwStSystRL (§ 3a Abs. 2 Nr. 1, § 4 Nr. 12 UStG)
Sachverhalt
MRL (Sitz in UK), in UK sowie in Spanien für Zwecke der Mehrwertsteuer registriert, vertreibt Teilzeitnutzungsrechte (Timesharing) an in diesen beiden Mitgliedstaaten gelegenen Unterkünften in Ferienwohnanlagen. Die vereinfachte Darstellung des Ablaufs ergibt sich aus den Praxis-Hinweisen.
Entscheidung
Angebliche Schwierigkeiten bei der Berechnung des Wertes der Punkte, die längere Nichtberücksichtigung von Einnahmen, Probleme im Zusammenhang mit der Umwandlung der Punkte ließ der EuGH nicht gelten und verwies darauf, dass die Vereinfachung des Verwaltungsaufwands für das Unternehmen kein Kriterium für die Auslegung der Richtlinie sei. Der Unternehmer sei vielmehr zur Vorlage einer Buchführung verpflichtet, die es ermögliche, die Besteuerungsgrundlage in hinreichend transparenter Weise zu ermitteln. Die Mitgliedstaaten stehen einem etwaigen nicht kooperativen Verhalten der Steuerpflichtigen nicht wehrlos gegenüber, denn der Grundsatz eines gemeinsamen Mehrwertsteuersystems hindere nicht die Einführung von Maßnahmen zur Ahndung von Unregelmäßigkeiten bei der Erklärung des geschuldeten Mehrwertsteuerbetrags.
Hinweis
Bereits im Urteil vom 03.09.2009, RCI Europe (C-37/08, Slg. 2009, I-7533) hat sich der EuGH mit der Beurteilung der Dienstleistungen in Form der Bereitstellung einer Art Ferienwohnungstauschbörse für die Mitglieder des Tauschsystems befasst. Der EuGH bejahte einen hinreichend engen Zusammenhang mit einem Grundstück, weil der Inhalt der Leistung darin bestand, den Tausch zur Nutzung der in den Pool eingebrachten Teilnutzungsrechte an Grundstücken zu ermöglichen.
1. Die Besprechungsentscheidung betrifft eine ähnliche, allerdings komplexere Gestaltung, den Erwerb von Wochennutzungsrechten an Ferienwohnungen nach einem Punkte-System. Vereinfacht dargestellt erwerben Mitglieder eines Klubs sog. "Punkte-Rechte", die sie jährlich in das Recht zur vorübergehenden Nutzung einer Ferienwohnung in den Immobilien des Dienstleistungserbringers, zur Gewährung von Unterkunft in einem Hotel oder zu anderen, nicht näher konkretisierten Dienstleistungen umwandeln können. Dabei kann das Mitglied seine Punkte auch in das nächste Jahr übertragen oder Punkte "leihen". Fraglich waren Leistungsgegenstand, Leistungszeitpunkt und Leistungsort und schließlich die Steuerbarkeit.
2. Da das Mitglied die Punkte erwirbt und schließlich in die gewünschte Leistung umtauscht, könnte man an eine Anzahlung denken. Das verneint der EuGH zu Recht; denn erst wenn das Mitglied sich für einen Umtausch entscheidet und feststeht, wie viel Punkte ihm zu diesem Zeitpunkt bereits zur Verfügung stehen, sind Leistungsgegenstand und Gegenleistung hinreichend konkretisiert. Eine Leistung liegt erst vor, wenn die Punkte als "Zahlungsmittel" eingesetzt werden. Die Entscheidung für den Einsatz der Punkte für ein Nutzungsrecht an einer bestimmten Wohnanlage oder in einem bestimmten Hotel bestimmt auch den Leistungsort: der Ort, an dem sich die betreffende Immobilie befindet.
3. Hiernach ist auch die Frage, ob die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung vorliegen, leicht zu beantworten: Von der Steuerbefreiung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ausgeschlossen sind nach Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 1 der 6. EG-RL neben der Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe auch die Gewährung von Unterkunft in anderen Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung. Die Wendung "Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung" ist weit auszulegen, da sie die Gleichbehandlung mit der konkurrierenden im Hotelgewerbe erbrachte...