Spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden die Forderungen der Gläubiger gegen den Insolvenzschuldner in diesem Zeitpunkt und unbeschadet einer möglichen Insolvenzquote in voller Höhe uneinbringlich i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Die Ansprüche der Gläubiger sind mit der Bestellung eines "starken" vorläufigen Insolvenzverwalters, eines "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters mit bestimmten Befugnissen (sog. halbstarker vorläufiger Insolvenzverwalter), spätestens aber mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes nicht mehr durchsetzbar. Somit hat der Insolvenzschuldner bzw. der Insolvenzverwalter einen früher in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Gläubiger zum Zeitpunkt der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, spätestens aber mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu berichtigen. Das Finanzamt erlangt hierdurch einen Vorsteuerrückzahlungsanspruch. Entsteht ein Vorsteuerberichtigungsanspruch dadurch, dass das Insolvenzgericht einen schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt bestellt, liegt keine anfechtbare Rechtshandlung vor.
Die Uneinbringlichkeit von Forderungen der Gläubiger gegen den späteren Insolvenzschuldner kann schon zeitlich vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. zeitlich vor der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters feststehen. Sobald die Uneinbringlichkeit des Entgelts feststeht, muss die Berichtigung des Vorsteuerabzugs in dem Besteuerungszeitraum vorgenommen werden, in dem die Uneinbringlichkeit eingetreten ist. Versäumte Vorsteuerberichtigungen können nach der FG-Rechtsprechung nicht in späteren Voranmeldungszeiträumen nachgeholt werden. Nach der BFH-Rechtsprechung wird Uneinbringlichkeit stets angenommen, wenn das Insolvenzgericht einen "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt i. S. d. § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO bestellt. Gleiches gilt bei der Bestellung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters mit dem Recht zum Forderungseinzug, mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt ohne ausdrückliches Recht zum Forderungseinzug oder wenn der schwache vorläufige Insolvenzverwalter zur Kassenführung berechtigt ist.
Der Vorsteuerabzug aus Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die der Insolvenzschuldner im Insolvenzeröffnungsverfahren bezieht, ist ebenfalls aus rechtlichen Gründen uneinbringlich und entsprechend nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen. Dies gilt sowohl bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) als auch bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung). Da dieser Vorsteuerberichtigungsanspruch regelmäßig mit dem ursprünglichen Vorsteueranspruch im gleichen Voranmeldungszeitraum zusammenfällt, ergeben sich grundsätzlich keine Steueransprüche, die als Insolvenzforderungen geltend zu machen wären. In der vorläufigen Eigenverwaltung erfolgt ebenfalls eine Vorsteuerberichtigung wegen Uneinbringlichkeit, da bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der leistende Unternehmer seine Entgeltforderung ganz oder teilweise jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht mehr durchsetzen kann.
Wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. die Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters durch das Gericht in einen Voranmeldungszeitraum fällt, der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet, ist der Vorsteuerrückzahlungsanspruch des Finanzamts in diesem Voranmeldungszeitraum als Insolvenzforderung nach § 38 InsO zu erfassen. Dies gilt auch, wenn ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist. § 55 Abs. 4 InsO ist regelmäßig nicht erfüllt, weil die Vorsteuerrückforderungen unabhängig von der Tätigkeit (der Zustimmung) des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters entstehen. Dagegen handelt es sich beim Vorsteuerrückforderungsanspruch des Finanzamts um Masseforderungen, wenn die Forderungen der Gläubiger erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens uneinbringlich geworden sind.
Durch den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter veranlasste Zahlungen von Entgelten aus vor oder nach seiner Bestellung bezogenen Leistungen führen zu einer zweiten Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG. Auch dies kann im selben Voranmeldungs- oder Besteuerungszeitraum zusammentreffen. Gleiches gilt nach der Verwaltungsauffassung auch bei Zahlungen des Schuldners im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren, wenn zuvor eine Vorsteuerberichtigung erfolgte. Die zweite Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG mindert den Steueranspruch und ist im Fall einer nachfolgenden Insolvenzeröffnung bei der Berechnung der sich für den Voranmeldungs- oder Besteuerungszeitraum ergebenden Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO anspruchsmindernd zu berücksichtigen.