Leitsatz

1. Stürzt ein Lkw beim Abkippen von Bauschutt auf einem Auffüllplatz um, so fallen die durch den Aufschlag auf den Boden entstehenden Schäden als Unfallschäden unter den Deckungsschutz der Kaskoversicherung und sind nicht als Betriebsschäden einzuordnen.

2. Bei Beschädigung einer Sache gehören die Aufwendungen für ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Schadenumfangs zu den notwendigen Kosten der Wiederherstellung nach § 13 Abs. 5 AKB, sofern es sich nicht um einen Bagatellschaden handelt.

 

Normenkette

§ 12 Nr. 1 Ziff. II e AKB, § 13 Nr. 5 AKB

 

Sachverhalt

Der bei der Bekl. kaskoversicherte Lkw der Kl., die ein Tiefbauunternehmen betreibt, stürzte beim Abkippen von Bauschutt auf einem Auffüllplatz um. Durch das Aufschlagen auf den Boden entstand am Lkw ein Schaden in Höhe von 36 467,03 DM, den die Kl. durch ein Gutachten feststellen ließ.

Die Bekl. verweigerte Zahlung, weil ein nicht versicherter Betriebsschaden vorliege. Die Sachverständigenkosten müsse sie schon deshalb nicht tragen, weil sie keinen entsprechenden Auftrag erteilt habe.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht (BG) hat die Bekl. zum Ersatz des Fahrzeugschadens verurteilt und die Berufung wegen der Sachverständigenkosten und eines Teils des Zinsanspruchs zurückgewiesen.

Der BGH hat die Revision der Bekl. zurückgewiesen; die Anschlussrevision der Kl. hatte Erfolg.

 

Entscheidung

1. Der BGH entschied, dass das BG zu Recht angenommen habe, dass hier ein nach § 12 Nr. 1 Ziff. II e AKB versicherter Unfallschaden vorliegt. Der Senat habe bereits früher entschieden, dass jedenfalls das Umkippen eines Lkw durch das Aufschlagen auf den Boden und die durch den Sturz eines Lkw in einen Abgrund entstandenen Schäden als Unfallschäden unter den Deckungsschutz der Fahrzeugversicherung fallen (Urteile v. 2.7.1969, IV ZR 625/68, VersR 69, 940 unter I 2; v. 23.10.1968, IV ZR 515/68, VersR 69, 32 f.). Daran sei festzuhalten, weil für die Auslegung von § 12 Nr. 1 Ziff. II e AKB auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen VN abzustellen ist. Schon unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung und des Zwecks der Vollkaskoversicherung werde er zu dem Ergebnis gelangen, dass Schäden durch das Aufschlagen auf den Boden oder den Sturz in einen Abgrund ebenso Unfallschäden sind wie solche, die durch den Zusammenstoß mit einem Baum oder einem anderen Fahrzeug entstehen. In seiner Auffassung, dass Aufprallschäden nicht unter die Betriebsschäden einzuordnen sind, sehe er sich durch den in der Klausel gewählten engen sprachlichen Zusammenhang mit den Brems- und reinen Bruchschäden bestärkt. Dadurch werde der Eindruck erweckt, dass mit der Bestimmung ähnliche oder im wesentlichen gleichwertige Arten von Schäden vom Versicherungsschutz ausgenommen werden sollen. Aufprallschäden nach dem Umstürzen eines Kfz seien aber nach dem Verständnis eines durchschnittlichen VN den Brems- und reinen Bruchschäden weder ähnlich noch gleichwertig.

Da im vorliegenden Fall jedenfalls ein Unfallschaden anzunehmen sei, komme es auf weitere Abgrenzungen nicht an. Das gelte insbesondere für die Frage, welche Schäden noch als Betriebsschäden anzusehen sind, obwohl sie durch ein Ereignis verursacht wurden, das die äußeren Merkmale eines Unfalls aufweist.

2. Die Sachverständigenkosten seien der Kl. zu ersetzen. Dabei handele es sich entgegen der Ansicht des BG nicht um einen nicht versicherten Vermögensschaden, sondern um einen nach AKB zu ersetzenden Sachschaden. Nach § 13 Nr. 5 AKB ersetze der Versicherer bei Beschädigung des Kfz die erforderlichen Kosten der Wiederherstellung. Bei der Beschädigung einer Sache gehörten die Aufwendungen für ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Schadenumfangs zu den notwendigen Kosten der Wiederherstellung, sofern es sich nicht um einen Bagatellschaden handelt (vgl. auch BGH, Urteil v. 29.11.1988, XZR 112/87, NJW - RR 89, 953 unter II B S. 956). Dass die erforderlichen Kosten der Wiederherstellung nach § 13 Nr. 5 AKB etwas anderes meinen, sei für den durchschnittlichen VN nicht ersichtlich. Das Gegenteil ergebe sich vielmehr aus § 13 Nr. 6 AKB. Diese Bestimmung nehme bestimmte Kosten von der Ersatzpflicht des Versicherers aus, zu denen auch Kosten rechnen, die nach § 249 S. 2 BGB zum Wiederherstellungsaufwand gehören. Sachverständigenkosten seien in dieser Bestimmung nicht genannt. Ob sich aus § 66 Abs. 2 VVG etwas anderes ergibt, könne offen bleiben. Diese Vorschrift sei jedenfalls zugunsten des VN abdingbar. In § 13 Nr. 5 u. 6 AKB habe der Versicherer dem VN den Ersatz der erforderlichen Kosten der Wiederherstellung vertraglich versprochen und deren Umfang so bestimmt, dass die Sachverständigenkosten davon nicht ausgenommen sind. Überlasse es der Versicherer dem VN, den Sachverständigen zu beauftragen, habe er die Kosten zu ersetzen. Da der Schaden hier erheblich war, sei es erforderlich gewesen, zur Schadenermittlung ein Gutachten einzuholen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 05.11.1997, IV ZR 1/97

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